Schrifttum Exploratoren eine an die 100.000 Belegzettel umfassende Kartei, die, mit Ausnahme der oben genannten Einschränkungen, eine kartographische Gesamtdarstellung der schweizerischen Volkskultur ermöglicht. Wie jedes derartige Unternehmen baut das Kartenwerk auf einer Grundkarte auf, die neben wichtigen geographischen Einzelheiten (Landes- und Kantonsgrenzen, Flußnetz) die Belegorte enthält. In der Publikation bildet diese Grundkarte den grauen Unterdruck der Sachkarten, in denen die oft mehrfarbigen Signaturen genau auf den Ortspunkt gesetzt sind. Zur Bezeichnung der Belegorte wurde eine durchgehende Numerierung gewählt, die ein Belegorteverzeichnis entschlüsselt. Als Maßstab wird bei der Zeichnung der Karte das Verhältnis 1 : 500.000, bei der Publikation 1 : 1,000.000 angewendet. Dem Hauptzweck der volkskundlichen Kartenwerke folgend, werden sämtliche Karten zunächst als „Forschungskarten" gezeichnet, deren Aufgabe in der möglichst wirklichkeitsgetreuen Wiedergabe der Verbreitung der betreffenden dargestellten Erscheinung zum Zeitpunkt der Aufnahme besteht. Jeder Karte wird ein Kommentar beigegeben, der die Karten erläutert, Einzelmeldungen, die in die Karte nicht aufgenommen werden konnten, anführt und das zur späteren wissenschaftlichen Auswertung des dargebotenen Materials nötige Schrifttum verzeichnet. Die 16 Blätter der ersten Lieferung (insgesamt wird der Atlas 256 Karten enthalten) umfassen die kartographische Darstellung des winterlichen Brauchtums von Nikolaustag bis zum 2. Jänner. Jedes Blatt kann in seiner Art als vorbildlich bezeichnet werden, indem nicht nur die räumliche Verbreitung der betreffenden Bräuche dargestellt wird, sondern auch, soweit diese erhebbar waren, Angaben über die Häufigkeit und die Geschichte, bzw. Dynamik des Brauchtums, sein allmähliches Aufkommen, Blühen und Verebben, eingetragen wurden. Besonders wertvoll ist die Beigabe von zwei „Grundkarten" über die Verteilung der Sprachen und Konfessionen ln der Schweiz, die zur Erklärung bestimmter Brauchtumsformen (z. B. der verschiedenen Ausstattung des HI. Nikolaus, usw.) wesentlich beitragen. Mehrere dieser Karten sind für die volkskundliche Forschung in Oberösterreich besonders aufschlußreich, da sie Fragen behandeln, die für Oberösterreich in gleicher Welse bestehen, wie etwa die allmähliche Umwandlung des Nlkolausbrauchtums durch das Auftreten der Bischofsgestalt, die Verbreitung des Weihnachtsbaumes usw., aber auch auf die hochaltertümlichen weiblichen Brauchtums- und Glaubensgestalten hinweisen, die unter verschiedenen Namen in unserer Heimat ebenfalls bekannt sind. Von Wichtigkeit scheint auch das im Kommentar zu Karte 151 vermerkte Auftreten einer großen „Klausengesellschaft" (also von Nikolausläufern) in Arth, die, in einer St!!.rke von etwa 50 Mann, ,,in reich verzierten Gewändern mit beleuchteten Transparenten auf den Köpfen" durchs Dorf ziehen, wie die bekannten Glöckler unserer Salzkammergutorte. Wir werden ln einem späteren Referat auf diese Uebereinstlmmungen ausführlich eingehen und auch bei jedem Bericht zu unseren eigenen Karten auf die Schweizer Parallelen verweisen, in der sicheren El'W'artung, daß sich aus der wechselseitigen Ueberprüfung unseres Materials wertvolle wissenschaftliche Aufschlüsse für die Gegenstände der gemeinsamen Forschung ergeben. Mit dem „Atlas der. schweizerischen Volkskunde" schließt sich eine bisher schmerzlich empfundene Lücke im Aufnahmegebiet des ADV., wofür _die gesamte deutEche Volksforschung den Herausgebern zu Dank verpflichtet sein muß. Spezielle Bedeutung kommt dem Werk, mit dem uns gleiche Zielsetzung und dieseiben Forschungsaufgaben verbinden, für die Volkskunde der Alpenländer zu, die, w~nn in absehbarer Zeit der in Vorbereitung befindliche „Tir(?ler Heimatatlas'' und d~ oberösterreichische Kartenwerk veröffentlicht sind, in ihrer . Erstreckung von der Schweizer Westgrenze bis zur Enns für die Volksforschung kartographisch er• schlossen sein werden. Ernst B u r g s t a 1 I er • 85
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