OÖ. Heimatblätter 1951, 5. Jahrgang, Heft 1

Schrifttum Oberösten-eicllische Trachten, erneuert und zusammengestellt von Dr. Franz Lip p. Vorlagen für zeitgemäße und echte Tracht in Oberösterreich, Folge I. Im ganzen Lande gültige Trachten. 23 Seiten Text und VIII Bildtafeln mit 50 Farbbildern und Skizzen, sowie Schnittvorlagen. Bilder von Gretl Karasek. Herausgegeben und verlegt vom Wirtschaftsförderungsinstitut der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, Linz 1951. Ich gestehe, daß ich dem Werden dieser Bildmappe, der nun noch vier weitere für die einzelnen Landschaften folgen sollen, zunächst skeptisch gegenübergesta_~den bin. Trachten kann man nicht „machen", sie müssen wachsen. Ich sehe nun aber, daß .diese Auffassung, die durch Jahrhunderte ihre Geltung gehabt hat, heute einer gewissen Einschränkung bedarf. Wir sind eben in allem über das Zeitalter der Unbewußtheit hinaus. Während es früher keiner Ortsplaner, keiner Architekten für Bauernhäuser, keiner Heimatpflege, keiner Volksliedpflege bedurft hat, weil das alles selber IWUChs wie Wälder und Blumen, ist uns das heute verloren. Wir müssen heute . bewußt kulturelle Werte schaffen, leider auch in der Volkskultur; mindestens a:ber müssen wir diese bewußt lenken. In der Neugestaltung von Bauernhäusern ist das längst im Norden und im Süden der Fall. Es ist also nicht einzusehen, warum es bei der Trachtenpflege nicht auch erlaubt sein sollte. Freilich, Voraussetzung muß bleiben, daß der betreffende Trachtengestalter genaue und sehr gründliche Kenntnisse vom Werden und Wesen der noch unbewußt gewachsenen und gestalteten Trachten besitzt, und daß er außerdem über sehr viel Takt und ·Geschmack verfügt; ganz so, wie das auch beim modernen Bauernhausarchitekten und Volksliedpfleger unbedingte Forderung sein muß. Diese Voraussetzungen scheinen uns im vorliegeµden Werk er f ü 11 t zu sein. Der Text zeigt, daß Dr. Lipp ein wirklicher Kenner der oberösterreichischen Trachten und dazu ein Mann von ausgesprochenem Geschmack ist. Die trachtlich vorzüglichen Zeichnungen und Farbengebungen von Gretl Karasek treten hinzu, um diesss Tafelwerk, mindestens im bisher vorliegenden ersten Teil, zu einer höchst verdienstlichen, ja vorbildlichen Angelegenheit der angewandten Trachtenkunde und heimatlichen Kulturpflege zu machen. Sowohl der Verfasser, wie auch die Künstlerin verdienen zweifellos den auf1ichtigen Dank nicht nur ihrer oberösterreichischen Heimat, sondern auch den der gesamten Heimatpflege. Ebensolchen Dank verdient auch das gewerbliche Wirtschaftsför:derungsinstitut, das ein so erstklassig ausgestattetes Werk in der heutigen Zeit ermöglicht hat. Darum ist Oberösterreich aufrichtig zu beneiden, es ist durch solch hochherziges Verständnis hier wie auf anderen Gebieten, z. B. in den heimatkundlichen Publikationen, den Alpenländern einschließlich Bayerns, um ein gutes Stück voraus. Das ist umso begrüßenswerter, als hier im Gegensatz zu den Alpenländern die Volkstracht gegendweise völlig erloschen war. Es wird nun für die Trachtenpflege aller Länder von allergrößtem Interesse sein, ob und wie die B e v ö 1 k e r u n g O b e r ö s t e r r e i c h s von diesem Geschenk Gebrauch machen wird. Daraus wird nicht nur die angewandte, sondern auch die Volkskunde als solche sehr viel lernen können. ·wir bitten daher die maßgebenden, volkskundl_ich geschulten Stellen in Oberösterreich, sowohl auf die Auswahl der vorgelegten Entwürfe durch die Bevölkerung, auf den Widerhall, die Annahme oder Ablehnung einzelner Vorlagen, wie auch auf den E1Jolg oder Mißerfolg in den einzelnen Landesteilen, ebenso wie bei d:en verschiedenen Bevölkerungsschichten ihr Augenmerk zu richten und im Falle der hoffentlich recht häufigen Annahmen auch 82

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