OÖ. Heimatblätter 1951, 5. Jahrgang, Heft 1

Burgstaller: Das Fragewerk zu den volkskundlichen Karten im o. ö. Heimatatlas Beispiel zweier Karten zeigen, in denen Eigentümlichkeiten der oberösterreichischen Volkskultur in besonderem Maß hervortreten. Karte 1 zeigt die Verbreitung der verschiedenen Formen des österreichischen Ost e r g e b ä c k e ,s nach den Befragungsergebnissen durch den ADV und der unter gleichen Umständen in einer Reihe von oberösterreichischen Orten durchgeführten privaten Befragung durch den Verfasser. Die Eintragung erfolgte nach der Punktmethode der Forschungskarte. Zur Entschlüsselung der Ortspunkte dient eine im Oleatendruck hergestellte Grundkarte und da'3 Belegorteverzeichnis, die der Kartenreihe „ Oesterr~ichische Festtagsspeisen und -gebäcke" von E. Burgstaller bei Erscheinen beigegeben werden. . Das überaus reiche, für weite Strecken einheitliche Antwortmaterial, das dem Verfasser aus mehr als 1100 österreichischen Orten zur Verfügung stand, bezieht sich auf die Zeit um 1935. Auf der Karte zeichnet es sich in großflächigen Räumen ab, die weit ausgreifende Formlandschaften darstellen. Für jede dieser Landschaften sind besondere Gebäcksformen in ähnlicher Weise charakteristisch wie bestimmte Leitfossilien für geologiche Zeiträume. Schon bei flüchtiger Betrachtung lassen sich vier große Formbereiche erkennen, nämlich ein w e s t ö s t e r r e i c h i s c h e r mit Tirol (einschließlich des östlichen Südtirol), dem westlichen Salzburg und dem Westrand Oberösterreichs, in dem neben den für den Bereich von Tirol kennzeichnenden Tiergebäcken (Hirsch, Hase, Hahn, Pferd) große Brezen als Zeitgebäck und Patengeschenke üblich sind, ein o s t ö s t e r r e i c h i s c h er mit Niederösterreich, Burgenland, Teilen der Steiermark, Salzburg und dem östlichen Oberösterreich, in dem auf weite Strecken hin der Osterfleck und das O'sterkipfel gebräuchlich sind, ein S ü d- u n d S ü d o s t s t e i e r m a r k umfassender Raum, der nur einfache, große laibförmige Osterbrote kennt und K ä r n t e n, für das die bei allen Festen üblichen Reindlinge charakteristisch sind 8 ). In aller Deutlichkeit wird aus der Ostergebäckskarte die eindrucksvolle Brückenstellung ersichtlich, die Oberösterreich einnimmt: mit einem verhältnismäßig schmälen Grenzsaum im Westen schließt es durch das Vorkommen der großen Osterbreze an die westösterreichische Formprovinz an, während aus dem Osten innerhalb eines großen Verbreitungsgebietes die für die ostö'sterreichische Formlandschaft kennzeichnenden Osterflecke gemeldet werden. Die größte Verbreitungsdichte dieser Gebäcke liegt östlich ·des Haselgrabens und der Traunlinie, nach Westen zu nimmt sie verhältnismäßig rasch ab. Für das allem Anschein nach später üblich gewordene O'sterkipfel, das vom Südosten Oesterreichs her aus zwei keilförmig vordringenden Verbreitungsgebieten gemeldet wird, liegen um 1935 nahezu sämtliche oberösterreichischen Belege ostwärts des Haselgrabens und der Traun. Zwischen die Verbreitungsgebiete von Osterbreze im Westen und Osterfleck und -kipfel im Osten schiebt sich, hauptsächlich das Gebiet des Hausruckviertels umfassend, in der Mitte des Landes ein 3 33

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