OÖ. Heimatblätter 1951, 5. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter Vorstellungen des Volksglaubens und verschiedene Arbeitsbräuche Männern weniger bekannt als Frauen und umgekehrt. Auf diese Schichtung der Träger der Volksüberlieferungen soll nach Tunlichkeit bei den Antworten auf bestimmte Fragen (z. B. nach dem Orakelbrauchtum in der Thomasnacht oder über Handlungen und Me:nungen im Brauchtum um die Geburt usw.) geachtet werden, um den allmählichen Wandel des geistigen Besitzes unserer Volkskultur feststellen zu können. Reichen Gewinn wird die Erörterung vieler Fragen ,im Lehrgespräch des Heimatkundeunterrichtes bringen, für das sich eine Reihe von Fragen des Fragewerkes besonders gut eignet. Viele Einzelheiten, wie die Fragen nach bestimmten Kinderspielen, Maipfeiferlreimen und -formen, Fragen nach Einzelheiten der volkstümlichen Zoologie und Botanik werden sich überhaupt nur durch die Befragung der Kinder beantworten lassen. Selbstverständlich ist es dabei notwendig, daß das Unterrichtsgespräch so straff geführt wird, daß der Lehrer jederzeit die Möglichkeit hat, die Antworten der Kinder in einem bereit gehaltenen Heft zu notieren. Auch einander widersprechende Antworten können clabei wertvolle Hinweise enthalten, indem sie, in größerem Rahmen gesehen, entweder das Ineinandergreifen von älteren und neueren Ueberlieferungen anzeigen oder auf das Aufeinandertreffen zweier Verbreitungsgebiete hindeuten. Die dritte Gruppe der Fragen bilden die eigentlichen S a c h f r a g e n. Ihnen liegt ein sorgfältig vorbereiteter Frageplan zugrunde, in den wichtige Fragen aus sämtlichen Gebieten der Heimat- und Volkskunde aufgenommen sind, soweit sie sich durch Fragebogen erbeben und kartographisch auswerten lassen. Welche Fragen für den jeweiligen Fragebogen ausgewählt werden, richtet sieb nach dem Zeitpunkt seines Versandes, da wenig.stens eine Fragengruppe an die zu dieser Zeit üblichen Bräuche de·s Jahresablaufes anknüpft. Jeder Fragebogen enthält mehrere Hauptgruppen von Fragen (z. B. je eine aus dem Gebiet des Volksglaubens, der Volkssage, des Brauchtums, der Sachkunde usw.), auf deren Formulierung besondere Sorgfalt verwendet wurde, um Mißverständnisse und sieb daraus ergebende Rückfragen nach Tunlichkeit zu vermeiden. Sämtliche Fragengruppen werden ausführlich durchgefragt, da häufig gerade in den Teilfragen die wichtigen Unterscheidungen liegen, die die kulturhistorische Forschung zu näheren Untersuchungen anregen. Die beantworteten Fragebogen werden sogleich nach ihrem Einlaufen durchgesehen und geordnet, um etwaige Unklarheiten durch Rückfragen rasch zu bereinigen und dann in einer Sach- und Ortskartei verwahrt, die nach Abschluß des Fragewerkes jedem Heimatforscher zur Verfügung stehen wird. Für die nun einsetzende Tätigkeit der Kartographierung bildet die Herstellung der „Grundkarte" den Ausgangspunkt, auf der sich jede weitere Arbeit an der Karte aufbaut. Sie enthält außer einem Mindestmaß an geographischen Einzelheiten das „Bel~gnetz", das sind die Ortspunkte sämtlicher be30

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2