Burgstaller: Das Fragewerk zu den volkskundlichen Karten im o. ö. Heimatatlas Freilich sind zur Durchführung eines so verantwortungsvollen Werkes noch zahlreiche Vorbereitungsarbeiten nötig, die sich insbesondere auf die Blätter kulturgeschichtlichen und volkskundlichen Inhaltes erstrecken. Denn ist auch das rein Tatsächliche, etwa der verschiedenen Bräuche, Flurnamen (in ihrer Verbindung mit gewissen Bodendenkmälern), einzelner Motive des Volksglaubens usw. längst festgestellt und wissenschaftlich gesichtet, so fehlt doch in den meisten Fällen die Kenntnis ihrer genauen Verbreitung, auf die es aber in entscheidender Weise ankommt, wenn sich die Karten des Heimatatlasses über beiläufige Uebersichten zum Range verläßlicher Forschungsquellen erheben sollen. In dieser Erkenntnis hat sich das Institut für Landeskunde entschlossen, dem Kartenwerk des Heimatatlasse-s eine planmäßige Stoffsammlung vorausgehen zu lassen, durch die eine Reihe wesentlicher Merkmale der oberösterreichischen Volkskultur in jeder Gemeinde erhoben wird. Mit ihrer Hilfe soll die große Zahl der notwendigen Unterlagen eingebracht werden, die die verschiedenen volkskundlichen Erscheinungen als den geistigen und materiellen Besitz eines großen Teiles unserer Bevölkerung kenntl1ch machen und deren Darstellung in volkskundlichen Karten ermöglichen. Ein derartiges Unternehmen zur Aufsammlung wissenschaftlichen Materials steht im Bereich der Volksforschung nicht vereinzelt 3 ). Schon die Begründer der deutschen Volkskunde, die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm, erwogen die Möglichkeit, mit Hilfe weiter Kreise der Bevölkerung die deutschen Volksüberlieferungen sammeln zu lassen, aber erst Wilhelm Mannhardt entschloß sich 1863, Fragebogen auszusenden und mit ihrer Hilfe das gewaltige Material für sein großes Werk über die „Wald- und FeLdkulte" innerhalb des gesamten europäischen Raume·s zu sammeln. Den Schritt zur Karte aber fand erst die verwandte Sprachwissenschaft durch den „Deutschen Sprachatlas" 4 ), der 1876 mit Hilfe von Fragebogen in sämtlichen Schulorten des damaligen Deutschen Reiches den Lautsand der deutschen Mundarten erhoben hat und zum Vorbild für den 1928 gegründeten, infolge der Kriegsereignisse nicht zu Ende geführten ,)Atlas der deutschen Volkskunde" (ADV) 5 ) wurde, dessen Erhebungen sich - wieder mittels Fragebogen - auf 28.000 Orte des deutschen Sprachraumes erstrecken. In beiden Fällen war es vor allem die Lehrerschaft, die durch ihre Einsicht in den großen kulturellen und wissenschaftlichen Wert dieser Erhebungen sich den Atlaswerken als freiwillige Mitarbeiterschaft zur Verfügung gestellt und sie dadurch erst ermöglicht hat. Durch ihre Mitarbeit erschloß sie nicht nur der Wissenschaft ein hervorragendes Material, das überdies in vielen Fällen auch dem heimatkundlichen Unterricht unmittelbar zugute kommt, sondern setzte sich auch selbst ein einzigartiges Denkmal ihres Idealismus, ihrer Volks- und Heimatliebe und ihres Verständnisses für dJe Aufgaben der Kulturforschung. 27
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