OÖ. Heimatblätter 1951, 5. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichlsche Heimatblätter Und nun folgt gleichsam als Abschiedswerbewort Roseggers jene warmherzige, sachlich so zutreffende Würdigung der menschlichen und dichterischen Eigenwelt Stelzhamers aus dem Jahre 1874, heute noch ebenso vollgültig wie damals: · „Man sieht, es war doch nicht der leichtfertige Vogel, für den ihn seine Landsleute hielten und als welcher er sich in -seinen oberösterreichischen Liedern so oft und gerne gab. Es steckte tiefes Gemüt und hohe Philosophie in diesem Manne; wie er mir ja selbst gestanden, er, der Piesenhamer Franz, sei aus zwei Leuten zusammengesetzt; zu halb sei er ein kecklustiger Bauernbursche, zu halb ein grübelnder Denker. Seine Schriften beweisen das am besten. Seine Gedichte und Lieder in obderennsischer Volksmundart, seine Idyllen: ,,D'Ahndl" und „Da Soldatenvöder", sowie sein tiefphilosophisches Märchen von der ))Königin Not" sind bekannt und werden den Namen des lustigen Piesenhamers und die Manen des tiefsinnigen Stelzhamer über dieses Jahrhundert hinaustragen. Weniger gekannt •sind Stelzhamers hochdeutsche Prosaschriften, obwohl auch hier (Verlag von Gustav Heckenast in Pest) der Volksdichter und teilweise selbst der Kunstnovellist zur Geltung kommt. Und wenn wir schließlich nun, da wir vor wenigen Tagen Stelzhamers Sarg in die Gruft rollen hörten, noch einen Blick auf sein Erdenwallen werfen: es war doch ein schönes Dichterleben. Sollen den schönen Nimbus des fahrenden Sängers gerade die mittelalterlichen Troubadours allein gepachtet haben? Ist es in heutiger Zeit der Praxis, der Rationalität und der potenzierten Prosa nicht ein weit Größeres, Originelleres, als damals, ein freier, hochherziger Poet, wenngleich arm, doch unabhängig von aller Welt, wie ein nimmer ruhender Pulsschlag das Herz und die Glieder seines geliebten Volkes zu durchziehen, mit ihm eine vielbewegte Zeit zu durchdauern und einen schaffenden Geist und ein jugendlich frisches Herz zu bewahren bis in das zweiundsiebzigste Jahr!" Das Novemberheft 1916 bringt schließlich Roseggers wohl letztes, wie immer treu besorgtes Eintreten für die „Sache Stelzhamer". Freudig begrüßt er Dr. Richard Plattensteiners, in Hesses Volksbüchern erschienenes Bändchen ,,Franz Stelzhamers mundartliche Dichtungen in Uebertragung". So bleibt Rosegger bis zuletzt um S t e 1z h a m e r s Ruf und W e r k bemüht und dieses wird in einem allerletzten glücklichen Heimgärtnerwort noch einmal treffend gekennzeichnet als ,,einer der größten Schätze deutscher Volksdichtung". 12

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