Oberösterreichische Heimatblätter Friedrich Kolneder: Das Handwerk der Stadt Wels im 16. und 17. Jahrhundert. Dissertation Universität Innsbruck 1948. 175 Bl. Schon während des Mittelalters nahm Wels unter den bürgerlichen Siedlungen des Landes ob der Enns eine hervorragende Stellung ein. Durch die günstige Verkehrslage gefördert blühten Handel und Gewerbe und brachten den Bewohnern der Traunstadt Wohlstand und Reichtum. Landesfürstliche Privilegien festigten die Grundlagen des wirtschaftlichen Gedeihens Die regen Handelsbeziehungen, welche die Bürger zu den süddeutschen und italienischen Gro߬ kaufleuten unterhielten, gestalteten sich während des 16. Jahrhunderts besonders fruchtbringend. Zahlreiche ausländische Handelsfirmen errichteten in dieser Zeit in Wels ihre Faktoreien und Niederlagen. Mit der gedeihlichen Entwicklung des Handels ging der Aufschwung des Hand¬ werkslebens Hand in Hand. Besondere Bedeutung erlangten im 16. Jahrhundert das Handwerk der Leinenweber und die eisenverarbeitenden Gewerbe (Messerer, Klingenschmiede und Schleifer); beide Gewerbearten arbeiteten im Verlagssystem, einer Betriebs- und Unternehmungsart der frühkapitalistischen Wirtschaft, die es dem Kaufmann ermöglichte, größere Mengen gewerblicher Erzeugnisse in gewünschter Form und Qualität für sich anfertigen zu lassen und auf den Markt zu bringen. Die bedeutsame Entwicklung des Wirtschaftslebens der Stadt Wels während des 16. Jahr¬ hunderts fand durch die Brandkatastrophe des Jahres 1626, der 230 von 552 Häusern zum Opfer fielen, ein plötzliches Ende. Damit war das Schicksal der Stadt für viele Jahrzehnte besiegelt. Erst rund 250 Jahre später hatte die Stadt die Häuserzahl von 1625 wieder erreicht. Während die Entwicklung des Handelslebens der Stadt Wels bis zum Bauernkrieg bereits in einer vorzüglichen Arbeit (H. Marschall, Der Handel der Stadt Wels im 16.- Jahrhundert bis zum Bauernkrieg 1626. Jahrbuch des Städtischen Museums zu Wels 1935 S. 27—76) behandelt wurde, war das Handwerksleben bisher noch nicht untersucht worden. Kolneder hat nun mit seiner aus den reichhaltigen Quellenbeständen des Welser Stadtarchivs sowie des ober¬ österreichischen Landesarchivs schöpfenden Arbeit diese Lücke geschlossen und darüber hinaus die Schicksale des Welser Handwerks bis zum Ende des 17. Jahrhunderts verfolgt. Das erste Kapitel enthält Angaben über die geographische Lage der Stadt und einen knappen Abriß ihrer Geschichte während des Mittelalters. Daran schließen sich einige allgemeine Betrachtungen über das Wesen und die Geschichte des Zunftwesens als notwendige Voraussetzung für das Verständnis der Hauptabschnitte der Arbeit. Im dritten Kapitel bietet Kolneder eine Übersicht der in Wels nachweisbaren Handwerksverbände und erläutert im folgenden die Ein flußnahme des Landesfürsten und der Stadtobrigkeit auf das Gewerbewesen. Im fünften Kapitel, das den Titel „Ordnung und Praxis im Handwerk“ trägt und als ein Hauptabschnitt der Arbeit anzusehen ist, untersucht der Verfasser den Inhalt der erhalten gebliebenen Handwerksordnungen hinsichtlich der rechtlichen und wirtschaftlichen Organisation der einzelnen Zünfte und versucht durch Heraushebung der gemeinsamen Züge ein möglichst über sichtliches Bild zu gewinnen. Er befaßt sich im einzelnen mit den Fragen der Aufnahme und des Abschieds, der Schau und Arbeit, des Gesellen- und Lehrlingswesens, der sozialen und finanziellen Einrichtungen, der Gerichtsbarkeit sowie des Kriegs- und Feuerlöschwesens. Im sechsten Abschnitt behandelt der Verfasser schließlich die wirtschaftliche Funktion und Bedeutung einiger Handwerkszweige, die infolge ihrer Produktion, zahlenmäßigen Stärke oder wirtschaftlichen Bedeutung über den Durchschnitt hervorragten. Zu diesen zählten die Leinweber, die Messerer, Klingenschmiede und Schleifer, die Haarsieber, die Betriebsstätten am Mühlbach (Mühlen, Lederer, Irher und Färber) und die Flößerzeche. Eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse beschließt die gehaltvolle Arbeit Kolneders. 280
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