Oberösterreichische Heimatblätter von der Grundherrschaft gehandhabt; der Hofrichter des Klosters Windhaag ließ bei der Pfändung einer einzelstehenden Frau nicht nur das Vieh aus dem Stall, sondern sogar das Bett wegnehmen. Daraus ersehen wir, wie notwendig es war daß das Landesfürstentum durch die Kreisamtsorgane bis in die untersten Glie¬ derungen des Verwaltungsapparates, der noch den Grundherrschaften verblieben war, sich durchzusetzen versuchte. Die Wirtschaft wurde meist mit Ochsen betrieben, der Pferdeschlag des Machlandes wurde als sehr klein geschildert. Fast kein Bauer dieses Viertels war des Lesens und Schreibens kundig, da die Jugend nicht zum Schulbesuch angehalten wurde. Die Bewohner in den Vorbergen der Alpen verdienten sich ihren Lebens unterhalt zum großen Teil mit Eisenarbeiten (Hammerwerke in den Tälern der Enns und Steyr), während im Flachland Leinenweberei, Strumpfwirkerei und Schafwollverarbeitung vorherrschte; Rußland, Polen und die Türkei waren die Hauptabnehmer der Eisenfabrikate. Im Mühlviertel wurde der Brauch festgestellt, daß viele Väter in den besten Lebensjahren ihre Wirtschaft an die Söhne übertrugen, wobei sie sich einen be¬ trächtlichen Lebensunterhalt sicherstellen ließen und dadurch oft den jungen Besitzer zugrunde richteten. Ferner wurde die Wahrnehmung gemacht, daß die allzugroße Zerstreuung der Häuser — die Einzelhofsiedlung östlich des Hausrucks —, deren Entfernung häufig eine Viertelstunde beträgt, „der Religion, der Polizei und den Sitten nachteilig ist, da die Bewohnerschaft von der Geistlichkeit nicht genügend überwacht werden könnte; es wäre auch nur schwer möglich, das Volk von den landesfürstlichen Verordnungen in Kenntnis zu setzen. Eine nähere Zusammenfassung der Sied¬ lungen in Dörfer und Formierung neuer Gemeinden wurde daher empfohlen. Ein weiterer Mangel in den Augen der Beamtenschaft war die Tatsache, daß manche Grundobrigkeit die 400 Häuser ihrer Untertanen in 300 Ortschaften verteilt hatte. „Daraus folgt, daß die Streitsachen der Untertanen einen langen Antrieb nehmen, die Nachbaren sich gegeneinander als Fremdlinge betragen, einander beneiden und hassen“. Es wäre empfehlenswert, eine Versetzung der Untertanen vorzunehmen, damit „sie alle beisammen wohnen". Es war wohl kaum zu denken, den herrschaftlichen Streubesitz zu beseitigen; immerhin ist die Tatsache festzu¬ halten, daß die Amtsorgane diesen Übelstand erkannten. Zur Abstellung der vorhandenen Mißbräuche empfahl der Staatsrat eine bessere Einteilung der Pfarreien, Anstellung tüchtiger Schulmeister an allen Pfarr orten und die Ausübung eines Zwanges, daß die Bauern ihre Kinder zur Er¬ lernung des Lesens und Schreibens sowie der Grundelemente des Christentums in die Schule schicken 3). Was die Übertragung des bäuerlichen Besitzes an den jüngsten Sohn anlangt — ein Brauch, der vielfach auch heute noch vorhanden ist —, wollte diese höchste beratende Körperschaft diesbezüglich keine Schwierig¬ keiten machen; allerdings wäre zwischen der Verlassenschaftsabtretung und der 3) Ebenda; Gutachten des Staatsrates, Wien, 24. August 1771. 258
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2