OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 3

Bausteine zur Heimatkunde hunderts jedoch eine dauernde Einrichtung des absolutistischen Staates wurden *) Sie vermittelten nicht nur wissenswerte Aufschlüsse über die Zu- oder Abnahme der Bevölkerung, sondern sie gewährten auch tiefen Einblick in ihre wirtschaftlichen Lebensverhältnisse und andere staatswichtige Sachgebiete. Welche Fragen die landesfürstlichen Behörden mit diesen „allgemeinen Seelen- und Zugviehbeschreibungen“, wie die damaligen, mit reichlichem barocken Schwulst ausgestatteten Volkszählungen bezeichnet wurden — die am 10. Oktober eines jeden Jahres fällige Personen- und Betriebsaufnahme der Gegenwart wäre wohl am ehesten das beste Vergleichsstück dafür - aufgriffen, mag aus einem Staatsratsakt hervorgehen 2). Die Erhebungen der landesfürstlichen Organe be¬ stätigten die herkömmliche Kreiseinteilung des Landes ob der Enns, nämlich in den Hausruck-, Traun-, Mühl- und Machlandkreis; das Innviertel war damals — es handelte sich um die Beschreibung des Jahres 1771 —bayrisch. 11 Städte, 81 Märkte und 3935 Ortschaften, wobei die Weiler mitgezählt waren, mit ins¬ gesamt 74.332 Häusern lagen in diesem Kronland. Die Einwohnerzahl belief sich auf 602.600 Seelen. Und nun interessante Einzelheiten dieser Volkszählung! „Im Hausruckkreis sind die Untertanen größtenteils mit Sackhälsen, Kröpfen, brandigen und faulen Zähnen, dann auch einige mit Leibsschäden behaftet; jedoch nüchtern und arbeitssam. In der Gegend von Lambach wird sehr über die Wild¬ schäden geklagt. In diesem Kreise besteht die gute Einrichtung, daß keine an gesehene Familie ohne Entlassungsschein oder Aufnahmeschein in einem Dorfe übernachten dürfe, die Einteilung der Pfarreien sei ungleich und es könnte manche wegen ihrer Weitläufigkeit nicht übersehen werden“, eine Tatsache, die für ganz Oberösterreich festgestellt wurde. „In der Pfarrei Pennewang und Pachmanning wären im vorigen Jahr wegen des üblen Betragens des Pfarrers mehr als 400 Seelen emigriert und es stehe dieses auch gegenwärtig wieder zu besorgen. Der Pferdeschlag ist klein, das Hornvieh von mittlerer Gattung. Welche Fragen des Alltagslebens sind in dieser rein bäuerlichen Gegend nicht beachtet worden? Sackhälse und Kröpfe, Zahnlücken und Leibsschäden wurden natürlich auch in anderen Landesteilen beobachtet. Die Arbeitsfreude der Be wohner, bei denen die mittlere Größe des Besitzes vorherrschte, wurde allgemein gelobt. Im Machland und Mühlviertel wurde die Leinenweberei und der Leinwand¬ handel hervorgehoben. Die Wildschäden im Gebiete nördlich der Donau — vielfach herrschte und herrscht Großgrundbesitz vor — waren sehr bedeutend; viele Bauern brachten berechtigte Klagen vor, daß sie seit vielen Jahren nicht einmal die Saat einernten konnten. Das Abstiften der Bauern wurde widerrechtlich noch immer *) Uhlirz Mathilde: Handbuch der Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer Böhmen und Ungarn, Bd 2, Teil 1, S. 350 f. 2) Staatsarchiv Wien; Staatsrat 1771, Nr. 2864; Vortrag des Hofkriegsrates vom 7. August 1771. 257

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