OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Schließlich bleibt als letzte Gruppe die Gelegenheitslyrik. Unser Dichter liebt mitunter einen guten Tropfen und wir können uns gut vorstellen, Stimmung gar manches fröhliche Lied auf Bacchus sang daß er in weinseliger (100/V): Wer da trinkht mit frischem muth Niemand auch kein leyd zufüget ist mit iedermann vergnüget/ Heget er nicht Himmelsgluth? der den wein soll billich meiden wer sich zörnet vnbescheiden. Stachelverse schleudert er, die klassische Epigrammform des Distichon weit sprengend, gegen Modetorheiten, Ehebrüchige (134), alte Liebhaber (88, 176) und gegen die Frauen (27, 39, 110, 189 u. a.). Auch Hochzeitslieder (182, 186, 190) finden sich, angenehm abstechend von den sonst gebräuchlichen Reimereien zu solchen Gelegenheiten. In einem Fastnachtlied (13) unterscheidet sich Rettenpacher in keiner Weise von seinen weltlichen Kollegen. In diesem Gedicht bringt er uns die Bauern seiner Landpfarre mit ihren Bräuchen und Scherzen in lebensfrische Nähe: Jetzt leit ein die faßnacht zeyt Schönste Fraule/ da man springet Jauchzet/ tanzet/ vnd mit singet Von der lust vnd Frölichkeyt. Liebe sucht dort ihre gewinne Vnd beraubet vnser Sinne. Alles nun erlaubet ist Was nicht wider Gottes willen den muß man allzeit erfühlen: Es ist zwar ein kurze frist: Liebe doch gar vil gewinnet, sihet/ wie man ist gesinnet. Imer gern in schlitten fahrt Küßßet seiner liebsten hände, daß er treulich sich verpfände, Aber sie halt ihn gar hart. Liebe hat den besten gewinne Schärft durch zankhen vnser Sinne. Andrer gehet ins wirthes hauß, will in ehrn sich lustig machen Vnd die thorheyt nur verlachen/ Schaffet ein gutten schmauß. Liebe hat da sichern gwinner, wein bezaubert vnss die sinne. 10) Von Rettenpacher in der Handschrift korrigiert auf „onser sinne". 220

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