OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 3

Sommer: P. Simon Rettenpachers „Teutsche Reymgedichte Leucht dann schöner Morgenstern; Vnd die Finsternus wekh treibe das bey vns der Tag verbleibe. Schaffe das/ was wir begehrn. Was dein helles licht erquikhet wird von der Hölle nicht bestrikhet Rettenpachers Ermahnungen, sich Gottes Huld nicht mutwillig zu verscherzen, ein rechtschaffener Christ zu bleiben, den göttlichen Willen in jeder irdischen Trübsal zu achten und den rechten Weg zum Himmel zu finden, entspringen der treuen Fürsorge des Seelenhirten. Er schildert in leuchtenden Farben die Tröstungen der Religion und predigt gegen Aberglauben und Götzendienst. Wie bei vielen Barockdichtern fand auch bei Rettenpacher das Erlebnis der Türken- und Franzosenkriege seinen poetischen Niederschlag (35, 158); daß die Franzosen und ihr „allerchristlichster“ Herrscher, Ludwig XIV., den Türken bei der Zerstörung der Heimat die Hand reichen, läßt den patriotisch empfindenden Rettenpacher eine „Aufmunterung zum Kriegin die Feder fließen (60/II und V) Türkh vnd Franzoß stehen 15) nach dem Reich Wär es nicht ein große Schande wann wir lißen Vnsre lande n Ihren willen ergebn Vns gleich? So lang wir blut bey Vns haben Wehrn wir Vns/ seind nicht vergraben. Eylet nun mit tapfrer faust Ihr berühmten Kriegeshelden Eure That wird d'Nachwelt melden: Von euch schon dem Feinde graust. Wo die Lieb das Herz entzündet, Alle gfahr gar gschwind verschwindet. Daß in diesen Gedichten mit ihrer Wirklichkeitsnähe für den Geschichtsforscher viel Wertvolles verborgen ist, versteht sich von selbst. In ganz anderem Ton singt Rettenpacher über die Natur. Hier befindet er sich ganz in Abhängigkeit vom Nürnberger Dichterkreis, sein Gedicht „Früh¬ ling" (49) ist nicht über die damals üblichen Phrasen hinausgekommen. Auch für die Schönheiten der Winterlandschaft hat er noch kein Auge, er bleibt im spießerischen, belanglosen Kleinkram hängen, wie eine Probe zeigt (171/IV): Wir wollen nicht so torrecht sein/ sondern bey dem ofen sizen Mit schön reden vns erhizen/ trinkhen ein gutts gläßlein wein. 15) Von Rettenpacher in der Handschrift korrigiert auf „stellen". 219

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