OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 3

Sommer: P. Simon Rettenpachers „Teutsche Reymgedichte" Kuefstein, Johann Wilhelm von Stubenberg, Wolf Helmhard von Hohberg und Erasmus von Starhemberg. Rettenpacher war für keine Sprachgesellschaft tätig, er übersetzte, humanistische Überlieferung fortsetzend, vorerst aus der Fremdsprache ins Lateinische. Die meisten dieser Arbeiten schrieb er als Pfarrer in Fischlham, gedruckt wurden sie nie. Bestimmt waren sie für den engsten Bekannten- und Freundeskreis, meist Ordensbrüder und Gelehrte; dies machte den Gebrauch des Lateins notwendig. Anders ist es bei seinem deutsch geschriebenen „Leben der Heiligen auf alle Tage des Jahres“ 12). Dieses Werk war für die breite Volks¬ masse gedacht, seine Vorläufer sind die lateinischen Legendarien, vieles ist bloße Übersetzungsarbeit. Hier hilft er als Wegbereiter mit, die neue deutsche Prosa zu verfeinern und ihre Berechtigung durchzusetzen. Als geistlicher Schriftsteller hatte Rettenpacher ebenfalls Erfolg. Seine aszetische Arbeit „Consilia Sapientiae“ erlebte sogar zwei Auflagen (1688, 1733). Auch sonst war sein Name auf dem Gebiete des theologischen Schrifttums nicht unbekannt. Doch sollte Rettenpacher seinen Lebensabend nicht in Kremsmünster verbringen dürfen, vom Jahre 1689 bis kurz vor seinem Tode (10. 5. 1706) versah er die Pfarrei Fischlham. Von hier aus kündeten seine lateinischen Oden und Gedichte den Genius eines begnadeten Poeten. Es ist uns in dieser Studie weniger um die lateinische Lyrik Pater Simons als um seine handschriftlich hinterlassenen deutschen Gedichte zu tun. N. Newald hat in seiner schon erwähnten Ausgabe 1930 einige deutsche Gedichte, die dem Druck des deutschen Dramas „Frauentreu“ als „Zugab“ angeschlossen waren, ver¬ öffentlicht. Aber das Hauptwerk der deutschen Gedichte ruht noch in einer Hand¬ schrift verborgen in Kremsmünster und harrt der Drucklegung. Jakob Balde ist ihm in den lateinischen Gedichten ein leuchtendes Vorbild gewesen, es liegt der Schluß nahe, daß Rettenpacher auf Anregung des jesuitischen Ordensbruders den Weg zum deutschen Gedicht fand; ein „Ehrenpreiß Mariens“, den Balde 1647 schrieb, könnte richtunggebend gewirkt haben. Wenn unser Dichter in der lateinischen Lyrik nahe an Balde herankommt und ihm in manchem ebenbürtig ist, so über¬ flügelt er ihn in den deutschen Gedichten weit. Die Stimmung in vielen dieser Poeme zeugt von tiefem Einfühlungsvermögen in das Leben des Alltags und des einfachen Volkes. Rettenpacher ist auch hier wie in seiner lateinischen Muse Meister des Wortes, er hilft auf seine Weise mit, die Schriftsprache zu festigen. Seine echte Frömmigkeit und sein mystisches Erleben der Umwelt sind Grundzüge dieses Werkes. Als Landpfarrer war er innig mit dem Volk verbunden, viele Gebräuche, Lebensregeln und Sprichwörter nimmt er bewußt und unbewußt in seine Gedichte auf. Es ist, als wollte sich Rettenpacher mit seiner leichtbeschwingten und volkstümlichen Poesie, die oft die Grenzen zum Volkslied nicht mehr scharf unterscheidet, ein Gegengewicht zu seinen hehren und ernsten lateinischen Oden schaffen. So findet er einen Ausgleich und die nötige innere Entspannung. 12) Stiftsbibliothek Kremsmünster, Cod. 52 g (unvollendet; schließt mit dem 7. März. Ich werde in einem späteren Aufsatz darüber näheres berichten). 215

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