OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter fand seine erzieherische Krönung im lebendig-anschaulichen Drama. Diese frucht¬ bare Tätigkeit an der Salzburger Universität wird jäh unterbrochen, 1675 folgt die Rückkehr ins Kloster, ausgelöst durch Mißgunst, Intrige und kleinliches Strebertum. In Kremsmünster übernimmt Rettenpacher die Leitung der Kloster¬ bibliothek, an deren Ausbau, Neuordnung und Weitung er rege arbeitete. Dort vergräbt er sich jedoch nicht aus gekränktem Stolz hinter einem Foliantenberg, sondern ist emsig auf seine weitere sprachliche Ausbildung bedacht. Er studiert Persisch und Türkisch, arbeitet auf dem Gebiet der Geschichtsschreibung *) und vergißt daneben das Schuldrama nicht; die in Salzburg begonnene Spieltätigkeit findet hier eine würdige Fortsetzung. Bestimmt haben die „Ludicra et Satirica“ (1678), — Scherze mit Stacheln —, Berührungspunkte mit der Salzburger Zeit. Um möglichen Angriffen und Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen, verbirgt sich Rettenpacher unter dem Pseudonym „Mison Erythraeus“; vielleicht hat er die Männer, die an seinem frühzeitigen Scheiden aus Salzburg Schuld trugen, gar zu offen angegriffen. Rettenpacher beherrschte aber nicht nur die satirische Prosa, es legen tausende, meist zweizeilige lateinische Epigramme Zeugnis darüber ab, daß er ein würdiger Nachfolger Martials und ebenbürtiger Zeitgenosse Owens und anderer neulatei¬ nischer Epigrammatiker ist. Sein Latein ist glänzend, wie edler Wein funkeln die Distichen seiner Verse. Mißstände in Literatur, Schule und Erziehung, Berufe, Modetorheiten und das eigene Zeitalter nimmt er als Zielscheibe seines Spottes. Die Übersetzungen Rettenpachers aus dem Spanischen10) und Französischen wie sie uns in den Handschriften vorliegen, sind kennzeichnend für die Geistes¬ geschichte des 17. Jahrhunderts. Diese Übersetzungen wurden vor allem im Kreis der Akademien und Sprachgesellschaften gepflegt, die überall in Europa wie Pilze aus der Erde schossen, z. T. bedeutenden Einfluß auf die Literatur ausübten, oft aber bald wieder ohne nachweisbaren Einfluß untergingen. Die Gründer dieser Gesellschaften, durch ihre Reisen mit den romanischen Einrichtungen ähnlicher Art bekannt geworden, nahmen sich diese zum Vorbild, da nichts Gleichartiges deutschen Sprachgebiet vorzufinden war. Im Vordergrund stand die Sprache, be¬ sonders Opitz gilt hier als Anreger und Übersetzer. Deutsch war zu dieser Zeit nun keineswegs als gleichwertige Hochsprache neben Latein anerkannt, insbe¬ sonders nicht in gelehrten und adeligen Kreisen. Um diese Anerkennung zu er¬ ringen, konnte nichts Besseres als Mittel zum Zweck dienen, als daß geeignete Werke aus den anderen Sprachen in deutscher Übersetzung geboten wurden. Allen Mitgliedern wurde demnach das Übersetzen dringend empfohlen. So betätigten sich z. B. in der „Fruchtbringenden Gesellschaft“, eine Anzahl Österreicher als Übersetzer, wir finden neben anderen bekannte Namen wie Hans Ludwig von 2) Annales Monasterii Cremifanensis, Salisb. 1677, anläßlich der 900 Jahr-Feier des Stiftes. 10) Sapiens in suo Secessu. Aus dem Spanischen von Didaco Henriquez de Villegas. 11) Stiftsbibliothek Kremsmünster, Cod. 437, Nr. 5, 6; Cod. 438 (Opuscula var. Gall. serm. in lat. translata). 214

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