Sommer: P. Simon Rettenpachers „Teutsche Reymgedichte“ Scholaren in ihren Bann. Ein „Fasciculus iuris feudalis“ ist die Frucht der italienischen Universitätsstudien. Vielleicht hat sich in diesen Jahren in Retten¬ pacher der Gedanke gefestigt, sein Leben und Wissen der Stille des klösterlichen Lebens zu weihen; zwei Briefe aus dem Jahr 1659 an Kleriker des Stiftes Kremsmünster lassen solche Absichten, die er 1661 verwirklichte, erkennen. In Salzburg beendete Rettenpacher seine theologischen Studien und wurde dort 1664 zum Priester geweiht. Bei den Benediktinern zu Kremsmünster bezieht er hernach die Klausur. Einige Zeit darauf finden wir ihn wieder in Italien. Der Abt, Placidus Buechauer (1644—1669), bestrebt, mit seinem Kloster stets in geistiger Führung zu sein, sandte Rettenpacher nach Rom, wo er sich bei damals berühmten Lehrern, Allatius Leo (1586 — 1669), Francesco Grisendi (geb. 1629), A. N. Bannesio (1665 — 1694) und anderen Philologen seine ausgezeichneten Kennt¬ nisse des Arabischen und Hebräischen erwarb. Nach Kremsmünster zurückgekehrt, hat er bis 1671 die Leitung des Stiftsgymnasiums inne und verwertet seine Sprachstudien in der Orientalistik im Unterricht. Zwei Manuskripte „Breves Institutiones Linguae Hebraeicae““) und ein hebräisches Neujahrsgedicht sind uns erhalten. Wenn Nettenpacher einem Ruf an die Salzburger Universität als Lehrer der Geschichte Folge leistet und die Stille der Studierstube in Kremsmünster mit dem Glanz der Bischofsstadt vertauscht, so stärkt und bestätigt er geistige Beziehungen zwischen Salzburg und den Benediktinern an der Krems. Er ist zu¬ gleich Bahnbrecher im akademischen Lehrbetrieb mit seinen „Lectiones Ethicae et Historicae“, die er in einem Brief an den Rektor, P. Alphons Stadlmayr v. Wein¬ garten, ankündigt *). Hier in Salzburg beginnt auch Rettenpachers literarische Tätigkeit breiter zu fließen. Da ist zuerst das Theater, gestützt auf die Universität, das sich breit zu ent¬ falten beginnt. Von den süddeutschen, besonders den bayrischen Benediktiner¬ klöstern strömen bedeutende Einflüsse ein, die auf die Gestaltung des Spielbuches bestimmend waren. Im Schultheater war die lateinische Sprache die tonangebende, zum großen Teil waren Studenten mit den Rollen betraut, Singeinlagen waren beliebt und weisen den Weg zur Oper; Rettenpacher hat später in Kremsmünster Versuche in dieser Hinsicht gemacht (Prudentia Victrix Seu Ulixes 1680; Iuventus Virtutis, ein „Drama Musicum“, 1683). Es ist kein Wunder, daß Rettenpacher, Meister in Theorie und Praxis des Theaterwesens, Pater Comicus wurde. Die lateinischen Dramens) nehmen ihren Stoff aus der makedonischen Geschichte, Homer, den ägyptischen Göttermythen und anderen Motivkreisen des Altertums. Deutsch ist uns nur ein Drama, „Frauentreu“ (1682), die Geschichte von den Weinsberger Bürgerfrauen überliefert. So erstreckte sich der geistige Einfluß Rettenpachers nicht nur von der Lehrkanzel aus über die Lernbeflissenen, sondern 6) Stiftsbibliothek Kremsmünster, Cod. 810, 811. *) „Arbitror quidem, non inutilem fore historiam universalem, politicis et ethicis praeceptis instructam." 8) Selecta Dramata, Salzburg 1683. 213
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