Oberösterreichische Heimatblätter Völkerwanderungszeit Der früheste, zwar nicht völlig gesicherte germanische Fund aus dem Bezirk Braunau ist ein an der Basis durch drei waagrecht umlaufende Rippen verzierter Knopfsporn aus Bronze, der die längste Zeit für ein keltisches Erzeugnis der Spätlatènezeit gegolten hatte (Abb. 26). Dieser dem 2. Jahrhundert n. Chr. angehörende Sporn wurde angeblich im Bezirk Braunau gefunden. Mit dem Zusammenbruch der befestigten Donaugrenze am Ausgange des 4. Jahrhunderts setzte der Verfall der römischen Kultur im Alpenvorland ein. Die von Resten der ehemaligen illyrischen und keltischen Bevölkerung durchsetzten Romanen wurden allmählich durch germanische Siedler verdrängt. Im Bezirt Braunau ist die Völkerwanderungszeit vorläufig nur durch wenige Bodenfunde des 7. Jahrhunderts vertreten. Mit dem 8. Jahrhundert kann man durch die Funde aus Reihengräbern, Ortsnamen und schriftlichen Quellen den Beginn der bairischen Besiedlung erfassen. Gräber des 7. Jahrhunderts, die innerhalb der römischen Gebäudereste in Überackern aufgedeckt wurden, ergaben einige bedeutende kunstgewerbliche Er zeugnisse. Eine rechteckige Bronzeplatte, die als Beschlag eines Riemenendes diente, ist durch rechtwinkelig sich kreuzende Linien in kleine quadratische Felder mit eingepunzten Vertiefungen geteilt (Abb. 22). Hohes handwerkliches Könner verraten zwei silberne Ohrgehänge. Diese bestehen aus einer länglichen Hohl¬ kugel, die durch aufgelegte Halbkugeln und Filigrandrähte kunstvoll verziert sind (Abb. 28). Zwei schöne silberne Scheibenfibeln mit Zellenverglasung und sorg fältig ausgeführter Mittelrosette wurden in Gräbern in Teichstätt (Gem. Friedburg¬ Lengau) gefunden (Abb. 4). Eine ausgezeichnete Probe völkerwanderungszeitlicher Tierornamentik bietet die Verzierung der beiden bronzenen Gürtelbeschläge aus einer Bestattung des 7. Jahrhunderts von Mattighofen, die aus stark stilisierten, phantastisch zusammengefügten Vogelköpfen und Tierleibern besteht (Abb. 29 und 30). Beachtenswerte Funde haben die Reihengräber des 8. Jahrhunderts von Feldkirchen ergeben. Das schönste Stück ist eine eingliedrige Schnalle aus Bronze mit vergoldeter Beschlägplatte (Abb. 31). Die Basis des mit einer besonders großen Öse in den Steg eingehängten Dorns hat verschliffene Schild¬ dornform. Die Beschlägplatte zeigt eine derb ausgeführte menschliche Maske mit Spitzbart, die seitlich von rohen Verbalhornungen germanischer Tierornamentik des Stiles II eingefaßt wird. Béi einer silbertauschierten Beschlägplatte aus Eisen von Feldkirchen setzt sich die flächenbedeckende Verzierung aus Kreisen Halbkreisen und Schleifen zusammen (Abb. 32). Mit der Völkerwanderungszeit beginnt die germanische Welt in das politische Geschehen in Europa und damit in die geschichtliche Entwicklung des Mittelalters und der Neuzeit entscheidend einzugreifen. Durch die Ereignisse dieser bewegten, schicksalhaften Zeit kamen die Germanen in ungleich höherem Maße als vordem mit den verschiedensten Kulturen und Kunstkreisen in Berührung. Das bereit¬ willig aufgenommene fremde Formengut wird aber in einer durchaus eigenwilligen 202.
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