OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter muster des Reifes. Die Übersteigerung äußerer Aufmachung führte zur Er¬ schöpfung und zum Verfall, der im Zeitgeschehen darin offenbar wurde, daß die Illyrier den Kelten erlagen. Jüngere Eisenzeit (Latènezeit) Der auffallendste Latènefund aus dem Bezirk Braunau ist die 1895 zu¬ sammen mit zwei flachen, kreisrunden Bronzebecken in Sunzing (Gemeinde Mining) gehobene Schnabelkanne aus Bronze (Abb. 18, 19 und 21). Unter dieser Bezeichnung versteht man eine aus der griechischen Oinochoe hervorgegangene Kannenform der Frühlatènezeit, die durch einen im rechten Winkel auf das ellipsenförmige Mündungsrund stoßenden Schnabel gekennzeichnet ist. Mündung und Schnabel stehen in einem Winkel von durchschnittlich 30 Graden zur Waag rechten. Bei der Sunzinger Kanne laufen die am Mündungsrand aufgenieteten, mit dem Henkel zusammengegossenen Arme in Panther aus, deren Köpfe zu einander gewandt sind. Der Griffbügel endet unten in eine vierflügelige Harpyie mit durchaus unweiblicher Brust, Menschenarmen, Schwanz und an den Leib gezogenen Vogelbeinen (Abb. 21). Bemerkenswert ist der ausdrucksvolle Kopf, an dem nur die Ohren mit der Wiedergabe scheibenförmiger Ohrringe etruskischer Form etwas zu groß geraten sind. Bei dem Henkel einer Schnabelkanne aus Braunau (Abb. 20) endet die Randeinfassung in Löwenfiguren. Unten wird der Bügel durch drei Paare liegender S-Spiralen in wechselnder Richtung abge¬ schlossen. Das unterste Paar wächst mit Unterdrückung der inneren Einrollung zu einer Spitze zusammen und in eine Palmette hinein, deren Mittelblatt etwas vorschießt. Die Schnabelkannen sind hauptsächlich Erzeugnisse etruskischen, von griechisch-archaischen Motiven weitgehend beeinflußten Kunsthandwerks vom Be¬ ginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. Der Sunzinger Kanne, die über die Tauern aus Venetien eingeführt worden sein mag, kommt wegen der sorgfältigen Aus führung der Harpyie am Henkelabschluß besondere Bedeutung zu. Ausgesprochen keltische Arbeiten sind Armringe von Osternberg (Abb. und Frauenstein am Inn (Abb. 24) sowie eine Gürtelkette aus Bronze von Östernberg (Abb. 23). An die beiden vollgegossenen, strickförmig gegliederten Armringe von Frauenstein sind außen im Dreieck gestellte Bronzeperlen angesetzt, die den Stücken die Form eines zwölfzackigen Sternes verleihen. Ein ähnlicher, achtzackiger Ring wurde in Feldkirchen gefunden. Die Gürtelkette von Östernberg ist mit einem Schlußhaken versehen, der zu einem fast zur Unkenntlichkeit stilisierten Vogelkopf gestaltet ist. Augen und Schnabelspalte sind durch tiefe Schlitze wieder¬ gegeben. Von den übrigen Latènefunden aus dem Bezirk Braunau sind Fibeln und andere Bronzen sowie ein Topf aus Graphitton mit Bodenzeichen in Form der Lebensrune von Frauenstein die wichtigsten. Bei den Armringen von Frauenstein und Feldkirchen kommt die Vorliebe der keltischen Kunst für Wucherungen, Perlen, Knötchen, Knöpfe und andere plastische Mittel in abwechslungsreicher, lebendiger Anordnung zum Ausdruck. Diesem Formwillen sind auch die aus einzelnen hochgewölbten Schalen zusammengesetzten 200

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