Oberösterreichische Heimatblätter Zur Gußform aus Kefermarkt Im Jahre 1896 erhielt das Museum Francisco Carolinum in Linz von seinem Kustos Andreas Reischek ein Fundstück aus Kefermarkt, dessen Eingang im Jahresbericht von 1897 unter den Spenden vermerkt ist *). Der damalige Konservator des Museums, Josef Straberger, bestimmte es als „eine in Schiefer gravierte Gußform aus der Hallstätter Zeit, gefunden bei Käfermarkt ohne Be¬ gleiterscheinung nächst des Eisenbahndammes2) und reihte es in die urgeschicht¬ liche Sammlung ein. Bei der Neuinventarisierung der ur- und frühgeschichtlichen Bestände durch Dr. Adolf Mahr erhielt das Stück die Inventarnummer A 62. Es handelt sich um ein 10 cm langes, stabförmiges Schieferstück von schwärzlicher Farbe und rechteckigem Querschnitt, das auf einer Längsseite vier kleine Ein¬ schnitte hat; drei von ihnen sind hufeisenförmig, der vierte ist schlitzartig. Diese vermeintlich prähistorische Gußform ist im Schrifttum mehrfach er¬ wähnt 3). Erst Paul Karnitsch, Die vorgeschichtliche Besiedlung des oberöster reichischen Mühlviertels, Sudeta, Jahrgang IX, Heft 1 (1933), und Kurt Will¬ vonseder, Oberösterreich in der Urzeit (1933) haben von ihrer Erwähnung Abstand genommen, wohl in der Überzeugung, daß es sich um keinen prähistorischen Gegen¬ stand handle. Als ich nach der Übernahme der prähistorischen Sammlung des Landesmuseums das Stück näher untersuchen konnte, kam ich ebenfalls zur Über¬ zeugung, daß hier keine Gußform aus vorgeschichtlicher Zeit vorliege, und entfernte es aus der Schausammlung. Nun teilte mir Herr Franz Dichtl, Freistadt, mit, daß nicht nur das dortige Heimathaus ein gleiches Stück besitze, sondern auch das Volkskundemuseum in Wien; beide Stücke stammen gleichfalls aus Kefermarkt. Dr. Arthur Haberlandt, Wien, habe ihm im Jahre 1942 folgendes Gutachten über sie abgegeben: „Au Ihre Anfrage vom 5. 11. 1942 teile ich umgehend mit, daß es sich bei den frag¬ lichen Schieferstücken um Gußformen für kleinere Knöpfe und Hafteln handelt, die in Zinn oder Blei hergestellt, an der volkskundlichen Gewandung ihren Platz fanden. Auch für Wallfahrtsandenken figürlicher Art fanden sie Verwendung. Die neuzeitliche Herstellung und Verwendung dieser Gußformen ist somit klarge¬ legt. Mußte schon ihr Fundort, der Bahndamm bei Kefermarkt, zur Vorsicht mahnen, so deuten die kleinen Gußhöhlungen weder auf ein Gerät noch auf ein Schmuckstück der Urzeit. Auch das Material —schwarzer Tonschiefer — ist hierzu¬ lande nicht zur Herstellung von prähistorischen Bronze-Gußformen verwendet *) 55. Jahresbericht des Museums Francisco Carolinum in Linz (1897) p. LIX. 2) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission in Wien, XXIII. Jg. N. F. (1897), S. 223. 3) H. Richly, Prähistorische Funde und Verbindungen zwischen dem südlichen Böhmen und der Donau, in: Mitteilungen der k. k. Zentralkommission in Wien, XXIV. Jg. N. F. (1900), S. 55; L. Benesch, Bilder aus der Archäologischen Umgebung von Linz, in: 69. Jahresbericht des Museums Francisco Carolinum in Linz (1911), S. 197; Fr. Stroh, Vorgeschichtliche Funde im Mühlviertel, in: Heimatgaue, 1. Jg. (1919/1920), S. 83 und S. 90, Nr. 6; R. Pittioni, Biblio¬ graphie zur Urgeschichte Österreichs (1931), S. 119, Nr. 1480. 176
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