OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 2

Buchowiecki: Romanische Landkirchen in Oberösterreich Gewalt kam, von seinem Bischofsitz flüchten; seit 1080 saß er überhaupt ständig in Niederösterreich, wogegen seinen Stuhl zu Passau, wo er ein „Zerstörer der passauischen Kirche“ geheißen wurde, die kaiserlichen Gegenbischöfe Hermann von Eppenstein (1085) und Thiemo (1087) besetzt hielten. Sollte also jene von jeder Schrift über die romanische Kirchenbaukunst in Österreich herangezogene Stelle der Lebensbeschreibung Altmanns wirklich jenen geschichtlichen Quellenwert besitzen, der vorhin ja stark in Frage gestellt wurde, dann müßte man ihn mindestens gebietsweise auf das Land unter der Enns beschränken, von dessen Verhältnissen der Göttweiger Mönch allerdings eingehendere Kenntnis gehabt haben könnte. Tatsächlich neigt Pühringer dazu, einen Teil der in dem gerade damals der Besiedlung erschlossenen niederösterreichischen Waldviertel zahlreicher auf uns ge kommenen romanischen Landkirchen der Einflußnahme Altmanns zuzuschreiben*). Schließlich bricht hier auch der scharfe Gegensatz zwischen der beharrlichen, am Althergebrachten haftenden Sinnesart des noch für lange Zeit zum bayerischen Stammesherzogtum gehörigen Landes ob der Enns und der mehr überlieferungs losen, stammesmäßig zusammengewürfelten und als Kolonialland Neuerungen ungleich mehr anfälligen Mark Österreich auf. In unserem Gebiet müssen wir daher mindestens noch für das 12. Jahrhundert — wenn nicht weiterreichend mit dem Holz als seit Geschlechtern vertrautem Rohstoff für den Kirchenbau rechnen. Dafür spricht nicht nur etwa die für 1110 gesicherte Holzkapelle in Lambrechten5), sondern auch die Notwendigkeit, bei den neugegründeten Klöstern Baumgartenberg (1141) und Wilhering (1144/45) bis zum Baubeginn ihrer ersten, dauerhaften Steinkirchen, d. i. in Baumgartenberg vor 1180 und in Wilhering 1195, also für die ersten fünfzig Jahre ihres Bestandes, Holzbauten voraussetzen zu müssen. Erst die Gotik, vor allem die späte des 15. Jahrhunderts, wird mit diesen schlichten, inzwischen wohl auch schon als unansehnlich empfundenen Bauwerken aufgeräumt haben, die vielleicht die Hälfte unseres Besitzes an „romanischen“ Kirchen ausgemacht haben werden. Daß es daneben bereits Kirchen aus Stein gegeben haben wird, braucht keineswegs bezweifelt werden. Schon die Baukunst vor 1000 kannte der Stein als Rohstoff in unseren Gegenden: das uns eben erst wiedergeschenkte St. Martin in Linz ist ein greifbarer Zeuge hiefür und ein Ortsname wie etwo der von Mauerkirchen („Murchiricha“), der 913 erscheint, bewahrt uns wenigstens die Erinnerung an einen steinernen Kirchenbau auf. Es ist ein sehr mühsames Verfahren, wenn man eine Vorstellung von der Gestaltung jener vorromanischen Kirchen gewinnen will; in Kärnten, im Vintschgau, in Graubünden, auf der Reichenau und im angrenzenden Bayern sind, um nur in der Nähe zu bleiben, Beispiele teils noch erhalten, teils ergraben oder annähernd rekonstruierbar. Auf sie ausführlich einzugehen, würde zwar aus dem gesteckten Nahmen fallen, doch *) R. Pühringer, Denkmäler der früh- und hochromanischen Baukunst in Österreich (Aka¬ demie der Wissenschaften Wien, Phil.-hist. Kl. Denkschr. 70/1) S. 77, 79 (Wien 1931). 5) F. Oberchristl, Glockenkunde der Diözese Linz (Linz 1941) S. 275.

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