Oberösterreichische Heimatblätter wiesen. Auch der Josephinismus traf eine beträchtliche Zahl gerade kleiner, alter¬ tümlicher Kirchen mit Schließung und Abbruch, da sie nicht mehr, wie vielleicht einst, Mittelpunkt jenes Glaubenslebens der Gemeinde waren, das sich inzwischen anderswohin verlagert hatte. Wir erkennen aber, daß die etwaigen Folgen der Blüte von Gotik und Barock, die Möglichkeit des Nachweises romanischen Bau¬ bestandes bei scheinbar jüngeren Kirchen und die Ergebnisse der josephinischen An¬ ordnungen mit vollem Recht gleicherweise auch für Niederösterreich vorausgesetzt werden müßten und somit nicht geeignet sind, das schon einmal berührte Mißver¬ hältnis im Bestand an romanischen Kirchenbauten der beiden so verwandt scheinen¬ den Länder auszugleichen. Die Gründe scheinen tiefer zu liegen und vor allem eng mit der Verwendung des Holzes als Baustoff zusammenzuhängen. Wenn über den kirchlichen Holzbau in Österreich gesprochen oder geschrieben wird, dann pflegt man meist den vielberufenen Satz aus der Lebensbeschreibung des seligen Bischofs Altmann von Passau (seit 1065, † 8. 8. 1091 in Zeiselmauer) heranzuziehen, der allerdings viel öfter aus dem Zusammenhang gerissen vorgelegt, als auf seine ganze, vom Ver¬ fasser beabsichtigte Sinngebung hin untersucht wird. Die Stelle lautet vollständig: „Vor seiner (Altmanns) Ankunft waren fast alle Kirchen jenes Bistums aus Holz und schmucklos, allerdings waren auch deren Priester, wenn ich so sagen darf, „hölzern', weil sie, in Ehen und weltliche Geschäfte verstrickt, des Gottesdienstes völlig unkundig waren. Statt des Kanons lasen sie „Miserere mei Deus', statt der Leidensgeschichte „Attendite’. Jetzt aber sind durch seinen (Altmanns) Eifer fast olle Kirchen im Bistum aus Stein, mit Büchern versehen und mit Bildern oder Zierat geschmückt und, was das Wichtigste ist, mit sittenstrengen und gebildeten Männern gut besetzt“ 3). Es fällt nun auf, daß nach dieser Textstelle nicht nur vor Altmann schon Steinkirchen bestanden („... fast alle waren aus Holz.,."), son¬ dern daß, trotz Altmanns Tätigkeit, Holzkirchen auch weiterhin vorhanden gewesen sein müssen („... fast alle sind aus Stein...“). Der Umbau dürfte demnach nur eine geringfügige, vielleicht bloß die wesentlichsten Kirchen betreffende Verschiebung mit sich gebracht haben. Dem Verfasser der Lebensgeschichte, vermutlich einem Mönch von Göttweig (um 1135), scheint der ganze Sachverhalt übrigens ja nur deshalb nahegegangen zu sein, weil er ihn zu einem Wortspiel auswerten und da¬ mit die verrotteten Sitten des zeitgenössischen Weltklerus geißeln konnte. Der symmetrische Bau der Stelle und ihre antithetische Zuspitzung für rhetorische Zwecke gemahnt fast an Predigtton, sodaß es fürs Erste sehr zweifelhaft ist, ob der Text¬ stelle überhaupt jene urkundliche Bedeutung gebührt, die ihr bisher stets einge¬ räumt wurde. Dazu kommt ein Zweites. Mehr als einmal mußte Altmann, der einer der glühendsten Verfechter jener von Cluny und Hirsau ausgegangenen kirchlichen Erneuerungsbestrebungen war, und im beginnenden Investiturstreit durch seine Stellungnahme für die päpstlichen Rechte in scharfen Gegensatz zur kaiserlichen 3) Mon. Germ. SS XII 234/17. 98
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