berösterreichische Heimawlaate Jahrgang 4 - Heft 2 April-Juni 1950 Romanische Landkirchen in Oberösterreich Von Walther Buchowiecki (Wien) Wer sich aus dem bekannten Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler von Dehio-Ginhart *) eine Vorstellung davon verschaffen will, wie viele romanische Kirchen es in unserem Lande gibt, wird bald mit Befremden feststellen müssen, daß ihre Zahl verschwindend klein ist. Es fällt ihm vielleicht auch auf, daß im Lande unter der Enns bei scheinbar völlig gleichen Voraussetzungen die Ausbeute an romanischen Kirchenbauten wesentlich reicher ausfällt. Wie ist das zu erklären? Daß während der Pflegezeit des sogenannten romanischen Stils, also für unsere Gebiete etwa während des 11., 12. und halben 13. Jahrhunderts, Kirchen in unserem Bereich bestanden haben müssen und neu gebaut wurden, steht außer Zweifel. Ortsnamen, die bis in die genannten Jahrhunderte zurückverfolgt werden können und den Begriff „Kirche“ als Wortbestandteil führen, Urkunden, Tradi¬ tionsbücher und sonstige auf uns gekommene Aufzeichnungen dieser Zeit über¬ mitteln uns eine Kenntnis von jener erstaunlichen Fülle der Kultbauten, die es gegeben haben muß und wenn man diese Zeugnisse sorgfältig sammelt, kommt man auf die verhältnismäßig hohe Anzahl von 250 bis 300 Gotteshäusern, mit der wir zwischen 1000 und 1250 besonders deshalb rechnen dürfen, weil, wie Feri¬ humer nachgewiesen hat, damals der erste große Abschnitt im Aufbau des Pfarr netzes erreicht war2). Was ist mit all diesen Bauwerken geschehen? Wenn man auch zugeben muß, daß die Zeit der Gotik und besonders die des Barocks in unserem Lande überaus baufreudig war und Altes hinweggeräumt haben wird, kann das allein nicht den Ausschlag gegeben haben. In etlichen Fällen mag sich ja sogar die Möglichkeit bieten, bei genauer Untersuchung ihres Mauer bestandes an gotischen oder barocken Kirchen einen romanischen Kern nachweisen zu können; was in altem Gemäuer zu stecken vermag, hat erst jüngst die Heraus¬ lösung wesentlicher Bestandteile der vorromanischen St. Martinskirche zu Linz er¬ *) 2. Auflage (Wien 1941). 2) H. Ferihumer, Beiträge zur Geschichte der Entstehung und Entwicklung der Pfarrnetzes Österreichs ob der Enns (Maschinenschrift). Dissertation Universität Wien (1927). 97
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2