Schristtum ganz erstaunliches Material beizubringen vermag, so etwa in den Abschnitten über den Wiener Faschingsbrauch (Altwiener Faschingsbrauch, S. 15 ff; Der Schiffsumzug, 34 ff; Faschingbegraben S. 86 ff). In eindringlichen Beispielen wird uns die ständige, bis in die Mitte des 19. Jahr¬ hunderts heraufreichende enge Wechselbeziehung klar, die zwischen dem Volksleben in unserer Hauptstadt und dem Brauchtum ihrer ländlichen Umgebung bestand. Stets aber weitet sich von der Darstellung der Wiener Verhältnisse aus der Horizont der Betrachtung über ganz Österreich, dessen volkskundliches Schrifttum der gelehrte Verfasser souverän beherrscht; er bringt durch Vergleiche mit ausländischem Brauchtum und vor allem der Antike zur Deutung und Begründung der Entstehung mancher heute bereits unverständlicher Formen des Brauchtums kulturgeschichtlich gründliche, vorsichtig abgewogene Erklärungen. Und gerade darin liegt einer der Hauptvorzüg dieses für jeden Volksforscher und Volksbildner gleich unentbehrlichen Werkes. Immer fällt auch dabei ein beachtliches Licht auf die oberösterreichischen Überlieferungen, denen der Verfasser überhaupt gern sein Augenmerk zuwendet. So wurden durch Beibringung neuen urkundlichen Materials frühe Zeugnisse für das Bestehen wesentlichen Brauchtums vorgelegt, wie über die schon in Heimatgaue XV, 1924, behandelte Linzer Gründonnerstag-„Andacht des Falls“ (162 oder den Innviertler „Speißwein“ (161) oder die einstige Blüte des Blasiuskultes, z. B. in St. Blasien bei Bad Hall, wohin sich 1684 sogar ein Kremsmünsterer Abt verlobte (70), oder der Valentinsverehrung durch den großen Einfluß von Passau, wo der Heilige bestattet ist (71 ff), oder der mehrfach belegten Verwendung eines sogenannten „Auffahrtschristus“ im oberöster¬ reichischen Himmelfahrtsbrauchtum (1650: Hohenzell, wie der Ort statt des durch Druckfehler entstandenen Hohenzoll richtig heißt; 1687: Haag; 1729: Peuerbach, S. 248 f). So wird ferner durch die Beistellung von ausgezeichnetem Vergleichsmaterial die Deutung und Entstehung manchen oberösterreichischen Brauchtums ermöglicht; dies gilt u. a. für den aus Einzelheiten des Valentinsbrauchtums zu erklärenden merkwürdigen Brauch des „Liabbstattens“ am Lätare sonntag im Salzkammergut (75 ff) oder für die ebenfalls im Salzkammergut bis in die jüngste Zeit zu beobachtende Gepflogenheit, gerade am Aschermittwoch sich besonders eifrig dem Faschings brauch hinzugeben (93 ff). Die sorgfältige Untersuchung über die volksmäßige Verwendung ge weihter Asche (93 ff) läßt deren heute vielfach noch übliche Verwendung im Zauberbrauch und beim Elemente- (vor allem dem Wind-)opfer verständlich erscheinen. Die nur mehr in der Formel: „Der hl. Sankt Veit tat bitten um a Scheit", mit dem die Sonnwendbuben das Feuer¬ holz einsammeln, erhaltene Beziehung dieses Heiligen zum Sonnwendfeuer erfährt durch die ausführliche Darstellung des St. Veit- und Sonnwendbrauchtums (316 ff) ebenso seine brauch¬ tums- wie kulturgeschichtliche Erklärung wie ein eigenartiges Traunkirchner Frühlingsspiel (über das ich in meiner demnächst erscheinenden Monographie über diesen Ort berichten werde) durch das hochaltertümliche „Heidenwerfen“, ein symbolhaftes Bekämpfen (Bewerfen) mit Steinen und Knütteln von als heidnisch angesehenen Denkmälern des eigenen Volkstums wie der Antike, wozu Gugitz wertvolle Belege beibringt (108 ff). Nicht weniger bedeutend sind aber auch die neuen Auslegungen der für Oberösterreick so wichtigen Florianlegende (219 ff), für die Gugitz die Vermutung eines Zusammenfließens von Legende und Patronat dieses Heiligen mit der Überlieferung des Hl. Florinus vorträgt, zu dessen Feuerpatronat in Oberösterreich er seinen Kremsmünsterer Beleg um 1200 heranzieht (223). Nicht zu übersehen sind auch seine Besprechungen des frühlinghaften Brauches des Wassertauchens und Brunnenwerfens (95 ff), den er anläßlich der Behandlung eines Salzburger Metzgerbrauches ausführlich untersucht, denn auch diesem entsprechen bisher unveröffentlichte oberösterreichische Parallelen wie der Stangenritt und die anschließende Brunnentaufe im Vöcklabrucker Gesellen¬ brauchtum und das Wasserbad der Obernberger Brezelbuben. Schon diese wenigen Beispiele zeigen die Bedeutung des neuen Werkes von G. Gugitz für die oberösterreichische Brauchtums kunde. Besondere Aufschlüsse dürfen nach diesen Proben auch aus dem von G. Gugitz angeregten Werk einer Gesamtdarstellung der europäischen Volksbräuche erwartet werden, das sich freilich erst im Stadium der Planung befindet. Unmittelbar bevor aber steht eine umfassende Ver¬ öffentlichung desselben Autors über „Das kleine Andachtsbild“, das eine Darstellung aller öster 189
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2