OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 1

Schrifttum Versuchen wir uns abschließend über die Bedeutung von Brunners Buch für die landesge schichtliche Forschung klar zu werden, so müssen wir die vielleicht etwas merkwürdig anmutende Behauptung aufstellen, daß seine Vorzüge, nämlich die große Weite und Tiefe, die Fülle an Be¬ lesenheit und erwähnter Literatur, die scharfen logischen Unterscheidungen, auch gewisse Gefahren für die Beurteilung der in der Wirklichkeit des Lebens tatsächlich herrschenden Verhältnisse mit sich bringen. Brunner hat ja selbst bemerkt, daß sowohl der adelige Tugendbegriff als auch das nicht am Markte orientierte Wirtschaftssystem von „Haus und Herrschaft" nur Ideale der adeligen Gesellschaft waren, denen oft wesentlich anders geartete Tatsachen gegenüberstanden. Vor allem möchte ich hervorheben, daß wir aus fenen Quellen, die uns über die wirtschaftlichen Auseinander¬ setzungen der Stände untereinander überliefert sind, nachweisen können, daß mindestens schon seit dem späten Mittelalter die Grundherrschaften emsig bestrebt waren, in eine möglichst intensive und unmittelbare Beziehung zum Markte zu treten und gerade aus diesem Streben heraus ein guter Teil der sozialen Krisen, die sich in den Bauernkriegen offenbaren, zu erklären ist. Die ökonomische Literatur vermag uns daher die tatsächliche Entwicklung der Wirtschaft zur Zeit der Adelsherr schaft nur in Teilzügen verständlich zu machen; ebenso können wir das adelige Land leben auch nur als die eine Hälfte der Adelswelt ansehen, deren andere, nämlich das Hof leben, zwar auch Brunnners Werk behandelt, aber wohl bewußt zurückgedrängt wurde. Die Aufgabe der zukünftigen Forschung wird daher darin liegen müssen, Brunners äußerst wertvolle Ergebnisse nach dieser Alfred Hoffmann n Gnoc 134 n nd Rudolf Heckls Oberösterreichische Baufibel Grie a36 Nach der steirischen ist nun die oberösterreichische Baufibel erschienen, und zwar ihr erster Teil: Die Grundformen des ländlichen Bauens.*) Dieser wurde über Anregung der oberöster¬ reichischen Landesbaudirektion dargestellt von Architekt Rudolf Heckl. Das Buch ist ein Ergebnis langjährigen und mühevollen Studiums des Verfassers und eine ausgezeichnete Arbeit auf dem Gebiete der Haus- und Siedlungsforschung, wie auch eine hervorragende volkskundliche Arbeit Architekten, die sich nicht nur so nennen, sondern wirklich Baukünstler sind, fürchten Bau¬ fibeln als Musterbücher einer Baudiktatur. Es ist daher sehr beruhigend, wenn der oberöster¬ reichische Landesbaudirektor, Hofrat A. Sighartner, in einleitenden Worten des Buches feststellt, die Baufibel sei „kein Normenbuch, kein Dogma und keine Sammlung bindender Vorschriften baugestalterischer Art“ und der Verfasser selbst auf Seite 42, die Fibel wolle „keine Vorschriften sondern nur Ratschläge“ geben. Weniger befriedigend kündigt der Otto Müller- Verlag auf dem von K. Weiser gestalteten Umschlag der Fibel an, daß hier ein „einmaliger illustrierter Führer“ geschaffen worden sei, eine „Baubibel“. Das Buch ist in folgende Abschnitte gegliedert: I. Bodenständiges Bauen, II. Die Merk¬ male von Haus und Landschaft und die Ordnung der Bauaufgaben, III. Oberösterreichs Land¬ schaften und ihre Häuser und IV. Aufbau und Einzelheiten des bodenständigen Hauses. Seit der Arbeit Kriechbaums über das Bauernhaus ist keine so gründliche Arbeit über ländliche Bauten in Oberösterreich erschienen. Die gebrachten Bilder sind zum größten Teil aus¬ gezeichnet, im Durchschnitt gut. Auf eine brutale Durchstreichung von Gegenbeispielen, wie dies in der steirischen Fibel (sogar rot) vorgenommen wurde, hat der Verfasser, zum Vorteil der Arbeit, bis auf Durchstreichungen der Fig. 11 in Abb. 12 und drei Figuren in Abb. 331 ver zichtet. Die Ausführungen des Verfassers sind klar und allgemein verständlich. Bedauerlich ist lediglich, daß wohl im Anhang Schriften über die oberösterreichische Landschaft und über das landschaftsmäßige Bauen zusammengestellt sind, daß aber verschiedene Arbeiten, auf welche in der Fibel Bezug genommen wird, nicht wenigstens in Fußnoten angeführt werden. Dies würde dem Leser an vielen und namentlich an solchen Stellen, die nicht überzeugen können, eine Ent¬ scheidung erleichtern. n. icd un cun 1 *) Architekt Rudolf Heckl: Oberösterreichische Baufibel. I. Die Grundformen des ländlichen Bauens. 267 Seiten. 360 Abbildungen. Otto Müller Verlag in Salzburg.

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