OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 1

Krenn: Halltatt halten sind uns etwa 4 Dutzend! Die im Jahre 1878 gehobenen 19 Gräber hatten bis auf 2 mindestens ein Tongefäß, manchmal auch 2 bis 3 Stück enthalten. Wir müssen uns daher mit einem wahrhaft erschütternden Verlust abfinden. Eine weitere für die Forschung betrübliche Tatsache ist die Verwerfung des Skelettmaterials in dieser Periode. Nicht nur der Fachanthropologe wird dieses Unglück in seiner ganzen Größe ermessen können, wenn man bedenkt, daß ein halbes Tausend Skelettgräber vorlag, die uns einen lückenlosen Einblick in die körperliche Erscheinung der Althallstätter hätten bieten müssen. Freilich bestand da¬ mals noch keine physische Anthropologie, auch sprechen die Tagebücher immer wie¬ der von der schlechten Erhaltung der Knochen und man kann wohl glauben, daß Ramsauer und seine Leute den zersetzten Resten auch dann hilflos gegenüber ge¬ standen wären, wenn sie die Notwendigkeit erkannt und die Aufgabe gehabt hätten, sie uns zu erhalten. Heute sind diese Schwierigkeiten überwunden — mit welcher Hingabe würde sich heute ein Anthropologe bemühen, jeden Rest aus Hallstatt zu konservieren! Wir müssen unter dieses traurige Kapitel den Schlußstrich ziehen und den Verlust verschmerzen, denn aus dieser Zeit sind nur einige Schädel im Privat¬ besitz erhalten; nur ein einziges Skelett, das Hofrat Brücke konservierte und zu¬ sammenstellte, befindet sich im Linzer Museum. Weitere Übelstände, die das Bearbeiten des Hallstätter Materials zu einer pein- und rätselvollen Aufgabe machen, sind die sicherlich vorgekommene Ver¬ mischung mancher Grabinhalte und die Abweichungen zwischen dem Originalpro¬ tokoll Ramsauers und dessen Abschriften, sowie manche zeitbedingte Unklarheiten des Ausdrucks und der Namensgebung. Die Vermischung geschah wohl entweder durch die Unachtsamkeit der Hilfskräfte bei der Bergung und Verwahrung — denn die Ausgräber verdienen, nach der vorzüglichen Tagebuchführung zu urteilen, jedes Vertrauen in ihre Gewissenhaftigkeit - oder dadurch, daß man mehrfache und sich überschneidende Bestattungen nicht rechtzeitig als solche erkannte. Es geht auch die unverbürgte Nachrede, daß Gräber von unberufener Hand präpariert worden sein sollen, zu dem Zwecke, damit sie sich bei der in Anwesenheit hoher Persönlichkeiten vorgenommenen Ausgrabung nicht als dürftige Nieten, sondern als mit schönster Prunkdingen versehen erweisen sollten. Gewiß ist nach Sacken, daß man Gräber, die bei der Angrabung reich erschienen, aufhob, um sie erst im Beisein der Gäste vollends auszugraben. Auch bei diesem Vorgehen ist mancherlei Verwirrung der Inhalte möglich. Die Unstimmigkeiten zwischen Protokoll und Abschriften sind, obwohl nicht allzu häufig, sehr ernst zu nehmen. Vermutlich wurden manche Stellen von Namsauer oder anderen Zeugen der Ausgrabung anläßlich der Ab¬ fassung der Abschriften nachträglich ausgebessert. In welchen Fällen aber dies stattfand, entzieht sich der Beurteilung und man weiß nicht, ob die erste oder die zweite Fassung der Wahrheit entspricht. Hochstetter macht den Grabungen Namsauers auch zum Vorwurf, daß sie das Grabfeld ziemlich unregelmäßig aus¬ beuteten, indem man den Hindernissen, wie größeren Felsblöcken und Bäumen, aus dem Weg ging. Erst nach 1864 wurden diese übergangenen Plätze nachgeholt.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2