OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 1

Pfeffer: Ein Fabriksbau der Barockzeit Als vierter und letzter Großbau der Fabrik wurde 1787/88 auf der Schmit¬ bauerwiese das sogenannte Wiesengebäude (1795 als „das grosse Holzgewölbe Gebäude auf der Wiesen“ bezeichnet), die spätere Tuchfabrik (Tuchmanufaktur) errichtet (heute Honauerstraße 2—6), 1789 an das Zwangsarbeitshaus ange¬ schlossen und für verschiedene Arbeiten eingerichtet. Hinter dem Wiesengebäude bestand schon 1782 die Zimmerwerkstätte der Fabrik. Später wurde dieser kleine hakenförmige Bau (Fabriksstraße 34), der heute noch ein schönes Steinportal und daneben das Eingangstor in den Hof der ehemaligen Tuchfabrik aufweist, als Schlosserei und Portierswohnung, Kardätscherei (1795) und Wollklauberei (1828 benutzt. Anschließend an die Zweite und Dritte Färberei lagen kleinere Werk¬ stätten und Magazine (Kohlen-, Eisen-, Stroh-, Zimmermanns- und Binderhütte). Als Holzlagerplatz für 3 — 4000 Klafter Holz, den Jahresbedarf der Fabrik, diente zuerst der Zwickel zwischen Fabriksarm und Ludl östlich der Fabriksgebäude, später auch das freie Gelände östlich der Honauerstraße. Im Hauptgebäude und im Wiesengebäude war je eine Werkskantine eingerichtet. Der Wasserversorgung dienten 28 Ziehbrunnen in der Fabrik. Den Zugang zum Fabriksgebäude ver¬ mittelte von der Stadt her die Hauptstraße des Wörths, die Fabriksstraße. Wo sie an den Donauarm ausmündete, lag im 18. Jahrhundert eine Brücke, die Straßerinsel und Wörth verband und im 19. Jahrhundert durch eine Überfuhr ersetzt wurde. Von hier verlief eine schmale Uferstraße zwischen Donauarm und Fabrik donauabwärts. Über die Ludl bestanden Übergänge an der Gabelung Lederergasse — Ludlgasse, beim Hause Ludlgasse 15 („Häussl am Ludelsteg im Wörth“, 1837: „Der Ludelsteg“, 1910 abgetragen) und bei der Einmündung in den Fabriksarm. Die Wohnviertel der Fabriksarbeiter und -angestellten lagen in dem der Fabrik benachbarten Stadtteil an der Fabrikskaserne, Kaisergasse, Ludlgasse, Lederergasse, wo mancher Kämmer, Zeugmacher, Fabriksschreiber und sonstige Fabrikler sich ein Eigenheim kaufte oder erbaute, am Schulerberg, an der Kal¬ varienwand, im Kroatendörfl und im Spitzfeld 19) unda Mit dem Bau des Wiesengebäudes war der größte Umfang der Werksbauten erreicht. Dieser Bauzustand ist festgehalten auf dem vom Ingenieur und Kreis¬ forstbeamten Franz Josef Preisch 1795 gezeichneten „Prospect Der k: k: Wollen Zeug Fabrick nächst der Stadt Linz" (Abb. 3). Diese bauliche Ausdehnung ent¬ sprach dem unter Direktor Sorgenthal erreichten Höhepunkt der Erzeugung: 1772 und 1784 überschritt die Zahl der für die Fabrik arbeitenden Webstühle zum ersten¬ mal 1000 und erreichte 1786 die Höchstziffer von 2003, auch die Zahl der Spinnen erreichte 1786 mit 50 — 60.000 ihren Höchststand. ihn Ein Jahrzehnt später beginnt der Abstieg und die allmähliche Auflösung des Linzer Textilwerkes. Die Erzeugung der Schafwollstoffe, die mehr und mehr von der Baumwolle verdrängt wurden, mußte eingeschränkt werden, dafür wurde die Erzeugung leichterer Tuche (1795) und Teppiche (1796) aufgenommen. Die Tuch¬ 19) Kreczi, Häuserchronik, Nr. 229, 231, 241, 248, 249. J. Fink, Geschichte der Stadt Linz, Der Oberösterreicher Ig 19 (1873) S. 109.

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