OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter ad Von der wissenschaftlichen Arbeit unseres Nachwuchses Das Institut für Landeskunde veröffentlicht im „Verzeichnis der oberöster¬ reichischen Neuerscheinungen und in der Schriftenzusammenstellung „Heimatkund¬ liches Schrifttum über Oberösterreich“ laufend die Titel der seit 1945 erscheinen¬ den, von Oberösterreichern verfaßten, bezw. oberösterreichische Stoffe behandelnden Dissertationen. Diese Dissertationen werden nach Möglichkeit auch in die Bibliothek des Oberösterreichischen Landesmuseums eingestellt. nin Um einen Einblick in die Forschungsarbeiten unseres wissenschaftlichen Nach¬ wuchses zu geben, werden wir in Hinkunft an dieser Stelle regelmäßig kurze Be¬ richte über die in Betracht kommenden Dissertationen veröffentlichen. n 1 Mattel, Fritz: Studien zum Wiederaufleben der Demokratie in Oberösterreich vom Februarpatent 1861 bis zu den Staatsgrundgesetzen 1867. Mit biographischen Skizzen der damals führenden oberösterreichischen Politiker. Dissertation Universität Innsbruck 1947. 212 G. Der Verfasser der hier besprochenen Arbeit hat es unternommen, die Entwicklung der Demokratie in Oberösterreich während der ersten sechsjährigen Landtagsperiode von 1861 bis 1866 umfassend darzustellen. Er will aufzeigen, wie weit in dem genannten Zeitraum in Ober¬ österreich die demokratischen Grundforderungen nach Mitregierung des Volkes, Gleichheit der Rechte und persönlicher Freiheit aller Staatsbürger vertreten und der Verwirklichung nähen geführt wurden. Darüber hinaus soll der Anteil Oberösterreichs an der gesamtösterreichischen Entwicklung des demokratischen Lebens in jenen Jahren dargelegt werden Im Vorwort wird der Begriff der Demokratie vor allem in dem Sinne erläutert, wie ihn die Menschen jener Epoche verstanden haben. Die Einleitung beleuchtet die politischen und sozialen Verhältnisse vor 1860 und bieket somit die für das Verständnis der Hauptkapitel notwendigen geschichtlichen Grundlagen. Daß der Verfasser auch bei der Behandlung der wichtigen Teil¬ probleme des äußerst vielgestaltigen Themas nicht versäumt hat, Entstehung und Geschichte der jeweils besprochenen Einrichtungen und Verhältnisse darzustellen, verdient hervorgehoben zu werden. So wird im ersten großen Abschnitt der Arbeit, der über das Wesen, die Zusammen¬ setzung, die Aufgaben und Befugnisse des frei gewählten Landtages handelt, auch der Tätigkeit der alten ständischen Landtage gedacht. Der folgende Abschnitt würdigt das Wirken des demokratischen Landtages unter dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung aller Bürger. Hier werden vor allem seine Leistungen auf dem Gebiete der Grundentlastung, der Aufhebung des Lehenverbandes und der Vereinheitlichung der Gerichtsbarkeit betrachtet. In einem Überblick wird die Arbeit des neuen Landtages in der autonomen Verwaltung gekennzeichnet, die durch die Schaffung eines geordneten Finanzwesens, wichtiger Landesgesetze hinsichtlich der Rechte der Gemeinden und durch Errichtung von Landes¬ anstalten Bleibendes geleistet hat. Mit der Verschärfung der politischen Gegensätze am Ende der Landtagsperiode 1861/66 mehrte sich die zeitgenössische Kritik an den Parteien und an der Verfassung. Ihr widmet Mattel in einem eigenen Kapitel eingehende Behandlung. Mit einem Ausblick auf die spätere Ent¬ wicklung des politischen Lebens, für welche Staatsgrundgesetze (1867), Reichsvolksschulgesetz (1869), allgemeines Wahlrecht (1907) und politische Gleichstellung der Frau (1919) Marksteine bedeuten, schließt der Verfasser seine Arbeit. Sie gewinnt besonderen Wert dadurch, daß im Anhang kurze Lebensbilder der führenden Persönlichkeiten der Liberalen und Konservativen gegeben werden. Männer wie Dr. Karl Wiser, Dr. Ignaz von Figuly und Dr. Moriz von Eigner auf der einen und Bischof Franz Josef Rudigier und Abt Dominik Lebschy auf der anderen Seite haben auf die Gestaltung der politischen Verhältnisse in Oberösterreich entscheiden¬ den Einfluß genommen. Alfred Marks 96

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