Schrifttum Volk und Heimat. Festschrift für Viktor von Geramb. Herausgegeben von H. Koren und L. Kretzenbacher, Graz, 1949, 320 S. Zwei bedeutenden Vertretern der österreichischen Volkskunde wurde 1949 durch ihre Schüler und Freunde eine Ehrung in Form einer umfangreichen Festschrift zuteil: dem Innsbrucker Uni versitätsprofessor Dr. H. Wopfner zu seinem 70. (Schlernschriften Nr. 53, Beiträge zur Volks kunde Tirols, Festschrift zu Ehren H. Wopfners, herausgegeben von K. Ilg, und Universitäts professor Dr. V. v. Geramb, Graz, zu seinem 65. Geburtstag. V. v. Geramb, durch seine Vor¬ fahren, die im berühmten Buch der Nieder Sebastiansbruderschaft mit Namen und Wappen auf¬ scheinen, auch mit Oberösterreich verbunden, zählt neben H. Wopfner heute zu den wenigen Ge lehrten, die noch alle Sachgebiete der bereits sehr weitläufig gewordenen Wissenschaft der Volks kunde in vollem Umfange beherrschen. Ihm verdankt die österreichische Wissenschaft nicht nur eine Reihe bedeutender Untersuchungen zur Hausforschung (vor allem der kulturhistorisch so wichtigen Rauchhäuser), sondern auch ein grundlegendes Werk über die alpenländische Trachtenkunde („Stei¬ risches Trachtenbuch“, Graz, 1938) und zahlreiche Veröffentlichungen zur Sagen- und Brauch¬ tumskunde, vor allem aber die Schöpfung des vorbildlichen steirischen Volkskundemuseums, an das Geramb in richtiger Erkenntnis der Mitverantwortlichkeit des Volksforschers für die Entwicklung des kulturellen Lebens unseres Volkes das längst berühmt gewordene „Steirische Heimatwerk anschloß. Durch seine wissenschafflichen Bestrebungen und Kenntnisse wie durch seine unablässige Tätigkeit auf dem Gebiet der Heimat- und Volkstumspflege ist Geramb wohl der volkstümlichste Gelehrte Österreichs geworden, so daß er im Herzen der steirischen Bevölkerung dieselbe Stellung einnimmt, die sie einst dem von ihr so verehrten Erzherzog Johann gewährt hat. In den Beiträgen der Festschrift spiegeln sich gewissermaßen die Arbeitsgebiete des ge¬ feierten Forschers: So lenkt G. Koch in kurzer Untersuchung über den „Ursprung der Volkskunde“ der Geramb selbst wiederholt nachging, die Aufmerksamkeit auf J. G. Hamann und J. G. Herder als die geistigen Väter der neuen Wissenschaft. An H. Wopfners Darstellung des Anerbenrechtes reiht sich die Gruppe von Aufsätzen zur Bauernhausforschung: A. Klaar, „Bäuerliche Dachstuhl¬ formen in Österreich“, H. Koren, „Vorstufen des heimatlichen Bauens“, O. Moser, „Zur Ge¬ schichte und älteren Verbreitung der Rauchstuben im Rosental“ und K. Ilg, „Zur Geschichte des Ofens und der Stube“. Einen wesentlichen Beitrag zu der in letzter Zeit besonders gepflegten Geräteforschung liefert E. Hubatschek mit einer Untersuchung des Stubaier Wiesen- und Acker¬ geräts. Dem Sachgebiet der Volkskunst sind gewidmet J. Ringlers Darstellung der Branden¬ berger Möbel (Tirol) und E. Burgstallers über „Maskenschnitzereien an oberösterreichischen Bauernhäusern“. Die wohl schon wegen ihres beträchtlichen Umfanges als Hauptbeitrag vorge¬ sehene Untersuchung L. Kretzenbachers „Das Jesuitendrama im Volksmund“ zeigt den Verfasser in erstaunlicher Literaturkenntnis auf dem Gebiet des Volksschauspieles und des Ordensdramas die ihn befähigt, ein aus einem steirischen Volksschauspiel (Das „Grafenspiel“) aufgeschlossenes Motiv durch die gesamte Renaissance- und Barockliteratur hin zu verfolgen. Einzelfragen der Legenden- und Sagenbildung behandeln noch O. Wonisch, A. Kern und G. Graber. Über Lokal¬ bedingtes weit hinaus greift R. Beitels Beitrag „Sagen Vorarlbergs“, in denen nicht nur die Bedeutung des großen Vorarlberger Sagenforschers Vonbun aufgezeigt, sondern auch der Ver¬ such unternommen wird, die Forderungen darzustellen, die die Wissenschaft gegenüber jeder künf tigen Sagensammlung erhebt. Eine Art Klassifikation als Voraussetzung ernsthafter Erforschung gibt L. Schmidt in seiner „Wiener Redensartenforschung“, mit der er seine bisherigen Arbeiten auf diesem Gebiet fortsetzt. Anregend erzählt A. Dörrer über verschiedene absonderliche, insbe¬ sonders blutrünstige Kreuzformen, die er unter dem Thema „Faustkreuze und Teufelsbündner kreuze“ zusammenfaßt, ein auch für Oberösterreich wegen des darin behandelten Steyrer Faustkreuzes interessanter Bericht. „Gemse und Steinbock im Amulettglauben der Alpenländer“ behandelt zu¬ sammenfassend R. Kriß. Dem großen Forschungszweig von Volkstanz und -musik sind Beiträge von N. Wolfram („Die Volkstanznachrichten der statistischen Erhebungen Erzherzog Johanns"), 377
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