OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Blaas: Hans von Hammerstein Kinderlos, holte er sich einen der vier Söhne seines toten Bruders, jenes Generals und Sagenforschers, aus Deutschland herüber: das war Helge, unseres Dichters Vater. Auch die Mutter kam von draußen: Sophie, Gräfin Stolberg¬ Stolberg aus dem alten, oft genannten Geschlecht. Auf Schloß Sitzenthal in Niederösterreich, oberhalb Melk, wurde Hammerstein am 5. Oktober 1881 geboren. Eine sorgfältige, aber freizügige Erziehung durch den Vater, Rittmeister a. D. und Gutsbesitzer, wurde dem Jüngsten nach zwei Brüdern und einer sehr geliebten Schwester zuteil. Den ersten Unterricht genoß er an einer von der Mutter gegründeten Privatschule. Dann übernahmen Hauslehrer und Hofmeister geistlichen und weltlichen Standes seine weitere Ausbildung, bis er nach dem Tode des Vaters und dem ebenso schmerzlich empfundenen Verlust der Heimat in ein öffentliches Gymnasium in Wien und bald darauf in das von Jesuiten geleitete Knabenseminar Mariaschein in Nordböhmen eintrat. Den priesterlichen Beruf, der ihm anfangs zugedacht war, lehnte Hammersteins unbändiger Freiheitsdrang und glühender Lebenswille bei¬ zeiten ab. Schon den Abschluß seines Mittelschulstudiums vollzog er außerhalt der klösterlichen Mauern: in Brixen in Südtirol. Vor die Wahl zwischen zwei in der Familienüberlieferung verankerten Berufen gestellt — Verwaltungsbeamter oder Offizier —, entschied er sich für ersteren und bezog für das erforderliche Studium der Rechte die Universität. Marburg an der Lahn, München und Wien sahen seine fröhlichen Semester, die durch Reisen unterbrochen, aber doch gut abgeschlossen wurden. Bald schon führte den jungen Freiherrn sein neuer Beruf nach Kirchdorf an der Krems, das ihm bereits von Wanderungen her bekannt und lieb geworden war. Es sollte ihm zunächst und trotz jahrelangen Fernseins auch später zur zweiten und dauernden Heimat werden! Der Weltkrieg 1914/18 sah Hans von Hammer¬ stein als Offizier eines Dragonerregimentes der österreichisch-ungarischen Armee in Polen, Rußland und Südtirol. Zurückgekehrt, übernahm er sofort wieder sein Amt an der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf, bis er 1923 als Haupt des politischen Bezirkes Braunau am Inn selbst in leitende Stelle gelangte. Fast gleichzeitig wurde Hammerstein Präsident der „Innviertler Künstler¬ gilde“, einer bedeutsamen Vereinigung bildender Künstler, Musiker und Dichter, die das oberösterreichische Geistesleben bis 1938 weitgehend mitbestimmte. 1924 vermählte er sich mit Anna Christiane Zeleny, der Tochter eines altöster¬ reichischen höheren Offiziers; der Ehe entsprossen drei Kinder: Hans Georg, Elisabeth und Franziska. 1934 war Hammerstein als Sicherheitsdirektor in Linz, 1935 bereits als Mitglied der Bundesregierung in Wien, wo er in rascher Auf¬ einanderfolge zum Staatssekretär, Sektionschef und Justizminister ernannt wurde. Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung blieb er noch als Bundes¬ kommissär für Kulturpropaganda bis März 1938 und nach seiner Pensionierung durch die neuen Machthaber bis zum Juli desselben Jahres in Wien. Dann aber begann der Rückzug in das heimatliche Kremstal: Hammerstein entschloß sich zur 291

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