Bausteine zur Heimatkunde oder solchen mit eigentlichen Kufenbauten —, unterscheiden wir auch bei den als vorgeschichtlich anzusprechenden Fundstücken zwei größere Gruppen. Die erste bilden: Mittelhand- bzw. Mittelfußknochen von Pferd oder Rind mit durchschnitt¬ licher Länge von 25 —30 cm, die auf der dorsalen (d. h. fußrückwärts gewandten) Seite entweder durch langen Gebrauch zur Gänze geschliffen oder infolge einer Krümmung ihrer Gestalt nur an verhältsmäßig kurzen Teilstrecken blankgescheuert sind und keinerlei Bohrungen aufweisen, oder solche, die, meist völlig gerade, an beiden Enden paarig mit kleinen Löchern zur Aufnahme der Befestigungsnägel versehen sind. Wir dürfen annehmen, daß die auf der Unterseite ganz glatt ge¬ schliffenen Knochen in derselben Weise wie die des Mattseer Schlittens an einem Fußbrett paarig angebracht waren, während die gekrümmten Stücke der Befesti¬ gungsart des Obertrumer Schlittens entsprechen. Dabei waren die undurchbohrten mit Bindematerial befestigt, das infolge der Krümmung der Knochen keiner un¬ mittelbaren Scheuerung auf der Glätte der Eisfläche ausgesetzt war. O. Herman führt entsprechende Belegstücke aus der Spree und aus Spandau an, wo sie 1861 mit einem bronzezeitlichen Pfahlbaufund gehoben wurden. Als (gelochte) Schlitten¬ kufe betrachtet Herman auch das von L. Lindenschmitt (Die Altertümer unsere heidnischen Vorzeit, 1864, H. XII, Tafel 1) wiedergegebene Knochenstück von Osterend, das im wesentlichen der Knochenbearbeitung des Mattseer Schlittens entspricht. In erheblich größerer Anzahl überliefert finden sich Belegstücke der 2. Gruppe, die an den Knochenenden je ein großes, etwa 2 cm breites kreisrundes Loch aufweisen, in dem nach O. Hermann der Ständer eines Schlittens unmittelbar geruht hat. Belegstücke dieser Art fanden sich nach ihm in den nordfriesischen Warfen, in England und vor allem im ungarischen Tiefland, von wo er aus¬ gezeichnete Stücke aus Nagy Aleg, Czeka, Eresi und Ispanlaka abbildet. gleichen Bearbeitungszustand kamen auch Fundstücke in Olmütz, Kaaden und Jägerndorf zutage. Die ungarischen Belegstücke entstammen durchwegs einem vor¬ geschichtlichen Zeitabschnitt, der nach O. Herman (s. 231) an das „Ende der neo¬ lithischen und den Beginn der Metallperiode Ungarns“ zu setzen ist. Auf noch ältere, altsteinzeitliche Ursprünge derartiger Schlitten verweist (nach O. Menghin, Weltgeschichte der Steinzeit, 1931, S. 233) ein Fund aus dem eurasischen Grenzsaum, aus Saarjarva in Finnland, der eine große Schlittenkufe mit eingebohrter doppelter Ständerreihe darstellt. Auf Grund der Pollenanalyse konnte das Stück der sogenannten Anzyluszeit und im weiteren der Kundakultur zugewiesen werden. Ausdrücklich macht O. Menghin, der sich dabei auf die For¬ schungen von O. Sirelius stützt, auf „die Identität dieser frühprähistorischen Schlitten Finnlands mit den sibirischen der Gegenwart“ aufmerksam. Daß derartige Schlittenformen aber auch während des deutschen Mittelalters nicht in Vergessen¬ heit gerieten, bezeugt ein Fundstück aus dem Burgwall von Polzow (11. bis 13. Jahrhundert), ein Knochen, dessen Bruchstellen an beiden Enden „auf eine ur¬ sprünglich weite Bohrung“ deuten, „woraus auf einen Kufenknochen geschlossen werden kann" (O. Herman). 343
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