OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter fangen“ konnten. Nach v. Luschan stehen auch die bosnischen Schlitten für den gleichen Zweck in Verwendung. Über die Geschichte des Knochenschlittens liegen wesentlich weniger urkundliche Nachweise vor als über die gleich altertümlichen Knochen¬ schlittschuhe, die in verhältnismäßig geschlossener Abfolge sich über das Mittelalter und die frühe Neuzeit bis zur Gegenwart nachweisen lassen. Stellen wir — in um¬ gekehrter Zeitenfolge —die Belegstücke für den Knochenschlitten zusammen, so finden wir aus dem 19. Jahrhundert zunächst die auf jede Ortsangabe verzichtende Bemerkung F. Natzels (Der Mensch, 1894, Bd. II, S. 510), daß diese Schlitter „deren Kufen nicht mit Eisen, sondern mit Knochen unterlegt sind, ... am An fang des 19. Jahrhunderts vielfach und weitverbreitet im Gebrauch waren und zum Theile auch heute noch sind". Als genaue Ortsangaben stehen uns für die selbe Zeit aus der unten angeführten Literatur folgende Belegorte und -daten zur Verfügung: Oberösterreich und Salzburg: Holzöster (1888 bis zur Gegenwart), Obertrumersee (1850, 1876), Mattsee (1876). Bayern: Starnbergersee (1845, 1876), Tegernsee (1850). Pommern (um 1821), Bosnien und Mähren (1876). Bei der Seltenheit literarischer Belege über unseren Gegenstand erscheint eine Stelle in A. Müllners Schicksalsdrama „Der neunundzwanzigste Februar“ (Wien, 1826, von besonderem Wert, in dem ein Knabe berichtet: Als aus der Schul wir waren, Spielten wir und bällten Schnee, Führten Krieg und von der steilen Höh, Wo das Hochgericht ist, glitten Wir herab auf Knochenschlitten. Nehmen wir an, daß der 1774 in Langendorf bei Weißenfels im preußischen Be zirk Merseburg geborene Dichter hier Erlebnisse aus seiner Kindheit verwertete, so dürfen wir daraus auch den Gebrauch von Knochenschlitten in dieser Gegend um 1780 wahrscheinlich machen. In ungefähr dieselbe Zeit gehören auch die mit 1726, 1740, bezw. 1827 datierten Knochenschlitten aus dem Schweizer Münster- und Unterengadintal über die E. Goldstein als heute nicht mehr gebräuchliche Geräte dieser Gegend berichtet. Für frühere Zeiten stehen meines Wissens bisher keine schriftlichen Quellen zur Verfügung. Wir sind ausschließlich auf die Deutung von Knochenfunden auf Grund von Rückschlüssen aus den gegenwärtigen Schlittenformen angewiesen. O. Herman hat in seiner schon genannten Abhandlung eine Gesamtdarstellung der bis zu seiner Zeit bekanntgewordenen Stücke vorgelegt, auf deren Abbildung und Beschreibung wir uns im folgenden stützen. Auf Vollständigkeit des Materials legen wir dabei weniger Wert, da es uns nur darauf ankommt, die erstaunliche Be¬ harrlichkeit aufzuzeigen, mit der Fahrzeuge in der Form des Rieder Beinschlittens in Europa seit Urtagen benützt werden. Entsprechend den Hauptformen der heu¬ tigen Knochenschlitten — also mit Fußbrett und daruntergenagelten Knochenkufen 342

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