OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Holter: Das Greiner Marktbuch und der Alluminator Ulrich Schreier gekommen. Von anderen Arbeiten sind die für Klosterneuburg besonders her¬ vorzuheben 8), nicht nur weil ihre Daten, 1479 und 1483, den Wiener Aufenthalt der selben Zeit außerordentlich stützen, sondern auch deshalb, weil sie bisher einem Klosterneuburger Chorherrn, Hieronymus Sitznperger, zugeschrieben worden sind So wenig aus den Schlußschriften der betreffenden Handschriften ein Zweifel an dessen Schreibertätigkeit möglich ist, so wenig ist andererseits dort über den Miniator etwas gesagt. Ihrem Stil nach können aber die Miniaturen keinem anderen als Ulrich Schreier zugeschrieben werden. Die unruhigen Zeitläufe oder sein Wandertrieb haben den Illuminator jedoch nicht ruhen lassen. Vielleicht waren es die Ereignisse der Einnahme der Stadt Wien durch Matthias Corvinus, die ihm das Brot entzogen und die Auftraggeber vertrieben haben. Seine nächsten Arbeiten sind in Preßburg entstanden, wo er auch reiche Bücherliebhaber fand. Sie stammen teils aus dem Klerus, wie der Kanonikus Johannes von Han, für den er ein Missale und ein Graduale illuminierte, teils gehörten sie dem Bürgertum an. So schmückte er ein Missale, das die Magdalena Rosentalerin, die Mutter des Bürgermeisters Martin Rosentaler, 1488 für den Dom von Preßburg stiftete. Auch für diese Stadt hat er eine Handschrift der Stadtprivilegien ausgeziert. Die letzte bedeutende Arbeit ist die Vollendung eines Missales in Karlsburg (Rumänien), das ein Pfarrer Henricus Stephani aus dem nahegelegenen Csukard im 14. Jahrhundert begonnen hatte. Mit dieser sehr ansehnlichen Gruppe von Handschriften ist seine dortige Tätigkeit aber nicht erschöpft, da eine Anzahl kleinerer Arbeiten, zum Teil in Bruchstücken, noch anzureihen ist, die sich in Preßburg und im Szecheny-Museum in Budapest befinden 9). Auch für seine letzte Wanderschaft bietet sich ein historisches Datum an. Es ist der Tod des Matthias Corvinus, 1490. Wir wissen freilich nicht, ob er tat¬ sächlich darauf einen Einfluß gehabt hat, daß Ulrich Schreier nun wieder donau¬ aufwärts gezogen ist. Vielleicht war nur überhaupt die Arbeit in Preßburg er¬ 8) Klosterneuburg, Ms 612, Missale des Chorherrn Hieronymus Sitznperger, 1479, und Ms. 1192, Missale von 1483, an das sich Teile des Schmucks der Ms. 1193, 1028 und 1195 anschließen. Bei letzteren liegt vielleicht wieder Gehilfenarbeit vor, da die Farben abweichende Töne zeigen. Vgl. E. Winkler von Winkenau, Die Miniaturmalerei im Stifte Klosterneuburg während des 15. Jahrhunderts, Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg Ig 6 (Wien 1914), S. 161 ff. Taf. X, XI. Die bei B. Cernik, Das Schrift- und Buchwesen im Stifte Klosterneuburg während des 15. Jahrhunderts, Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg Ig 5 (Wien 1913), S. 171 ff abge¬ druckten Rechnungsauszüge nennen Schreier nicht, dagegen wird 1473, 1476 und 1477 Sitznperger im Zusammenhang mit Illuminierungen genannt. Er dürfte aber nur Schreiber und Auftraggeber gewesen sein und Miniatoren beschäftigt haben. Das beweist auch die Sitznperger-Handschrift Ms. 222 aus dem 16. Jahrhundert, in der von einem Schreier-Stil gar keine Rede mehr ist. Der im Text genannte Schreibervermerk ist bei Sernik, S. 121 abgedruckt. *) Vgl. E. Hoffmann, Hendrik Csukardi Plébanos Miniator, Az Orszagos Muzeum Evkönyvei Ig 4 (Budapest 1927), S. 74—90, 222 f. — Dieselbe, A Nemzeti Muzeum Széchényi könyvtáránok illuminált kèziratai (Budapest 1928), S. 93 ff. E. Hoff¬ mann hat dabei die Eigenhändigkeit Schreiers in Zweifel gezogen, was ich jedoch auf Grund der Kenntnis der Preßburger Stücke nicht bestätigen kann. 329

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