OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter Hammerstein in seiner Selbstbetrachtung „Ich. Ein Spiegelbild“ berichten, „scheint mir oft nur wie das Auswachsen von Keimen, die meine Kindheit ge¬ trieben hat“ Auch die Wahl des Stoffgebietes geht bei Hammerstein auf Ahnengut zurück. So brandet Friedrich Leopold von Stolbergs echte Naturbegeisterung im Urenkel aufs neue empor und sein sprichwörtlich gewordener „Tyrannenhaß“ sprudelt noch gelegentlich durch Hammersteins Salongeplänkel eines früherschienenen Buches. Am bedeutsamsten aber durchwächst sein Werk das mächtige Mythengeflecht der alten Edda, die dem deutschen Volke erstmals durch Vermittlung des mit Über schwang verehrten Großvaters Hans Georg von Hammerstein aus den Kopen¬ hagener Urtexten zugänglich gemacht worden war. Hammersteins Weltbild entstand ohne Zweifel vor dieser übergroß geschauten Kosmogonie, seine künstlerische Grundansicht vor den erratischen Blöcken einer frühen nordischen Poetik. Erst viel später durchbrach die milde Größe des Evangeliums diesen Bann der alten Götter. Bevorzugte Stoffe wiederholen und ergänzen sich übrigens auch in Hammersteins persönlichster Entwicklung. Rittertum und Dreißigjähriger Krieg z. B. regen schon den Gymnasiasten zu poetischen Versuchen an und wenn später die großen geschichtlichen Romane dieselben Zeitfarben, nur noch reicher abgestuft und tiefer schattend zum Bilde sammeln, geschieht dies wie das Ansetzen von Jahresringen in der Eigengesetzlichkeit seines Dichtertums. Einflüsse von außen sind nur dort festzustellen, wo ein Dichter wie Eichendorf „Blut von meinem Blute“ genannt und von ihm gesagt wird, „er sprach mein ganzes Wesen aus“. Scheffel, der gelegentlich sogar „mein großer dichterischer Vorfahr" heißt, gilt wohl hauptsächlich als Lehrmeister in der Handhabung eines geschichtlichen Stoffes. In einer Verehrung, die nicht selten bis zur Apotheose emporsteigt, gedenkt Hammerstein auch je und je des großen Lebensführers Goethe, den er früh als hohen Leitstern ausersehen hatte; umso erschütternder wirkt es, die erhabene Gestalt vor den letzten, entscheidendsten Fragen schließlich doch verblassen und verlassen zu sehen. Keinem sonst ist Hammerstein verpflichtet. Er schätzt und liebt noch die Droste, Adalbert Stifter, Gottfried Keller, Wilhelm Raabe und Liliencron, soweit man sehen kann, aber die sogenannte „Moderne“ zwischen 1890 und etwa 1920, insonderheit die Wiener ästhetische Schule und was sonst noch leise tritt, ist ihm verhaßt. Rilke nennt er nur einmal und sehr nebensächlich. Unter allernächsten Zeitgenossen hat er freilich Dichter-Freunde: Paul Thun-Hohenstein z. B., Otte von Taube, Friedrich von Gagern, Richard Billinger u. a. Das Blutvolle liebt er, das Gesunde, das Kräftige. Die Handel-Mazzetti und Hans Carossa genießen seine Verehrung. Hammerstein ist Österreicher — und auch wieder nicht. Seine adelige Sippe lebt verstreut im deutschen Norden, in Hannover steht das Stammschloß der Linie Equord, deren Name „Eichenort“ bedeutet. Einen Hammerstein-Equord Wilhelm — hatte es in den Napoleonischen Kriegen nach Österreich verschlagen. 290

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