OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Wutzel: Oberösterreichs Denkmalpflege in der Krise der Zeit die Inneneinrichtung neu. Manch bedeutender gotischer Kunstwert mag dabei ver¬ nichtet worden sein, es entstanden jedoch dafür prächtige Neuschöpfungen. Das Innviertel ist hier überreich. Wie schön ist doch der Hochaltar in St. Georgen an der Mattig, den Guby als „den Höhepunkt der plastischen Leistungen der Brüder Zürn“ bezeichnete! 12) Im Valentinskirchlein zu Klein-Murham hat wieder Thomas Schwanthaler, wie in vielen anderen unscheinbaren Gotteshäusern zwi¬ schen Inn und Mattig, wertvolle Schnitzarbeiten von seiner Hand hinterlassen. Andere Filialkirchen sind neben ihrer kunsthistorischen Sonderstellung über¬ dies von allgemein geschichtlicher Wichtigkeit. Sie stellen oft seltene Geschichts quellen dar. Hier ist vor allem die Kirche in Lorch zu nennen. Erinnerungen aus der Römerzeit und dem frühen Mittelalter knüpfen sich geheimnisvoll an ihre Mauern. Die Uferkirche zu Obernberg am Inn zeigt, um ein anderes Beispiel zu bringen, im Hochaltargemälde aus dem Jahre 1665 einen Schiffszug am Inn aus dieser Zeit — eine Darstellung, die als einzigartige kulturgeschichtliche Quelle zu werten ist. Wie steht es nun um alle diese Baudenkmale, deren Schönheit und deren Be¬ deutung wir schätzen gelernt haben? Die Menschen eines Zeitalters der Aufklärung und der Technik sind schon lange nicht mehr wundergläubig. Die Jahrtage der er¬ wähnten Kirchen sind spärlich geworden, die meisten unter ihnen besitzen keinerlei Vermögen. Bodenfeuchtigkeit ist im Mauerwerk hochgestiegen, grüne Moosschleier überziehen den Kalkverputz, die Schindeldächer werden faulig und löcherig. Über vertretene Steinplatten schreiten wir zu Altären, die selten noch frische Blumen schmücken, deren Bildwerke in den Fassungen verblaßt, im Holzkern vielfach vom Wurm angefressen sind. Ein Akt des Bundesdenkmalamtes vom 10. Juli 1948 (Zl. 1812/48) nennt ür Oberösterreich 22 bedrohliche Fälle, die Katastrophen befürchten lassen. Die lakonische Statistik ist erschütternd. St. Wolfgang am Stein, Pfarre Aigen: sehr gefährdet, da angeblich die Grundmauern sinken; St. Sebastian zu Aurolzmünster: dem Verfall nahe; Martinskirche in Braunau: profaniert; Pesenbach, Pfarre Feldkirchen an der Donau: Bauschäden, die den gotischen Flügelaltar gefährden; Vormoos und Aschau, Pfarre Feldkirchen im Innviertel: schwere Bauschäden; Gebertsham: Schäden an der Inneneinrichtung; Lorch: Bauschäden; Spitalkirche in Mauerkirchen: seit Jahren kein Gottesdienst, da Verfall; Micheldorf, Filial¬ kirche am Georgiberg: schwerster Verfall; Obernberg am Inn, Uferkirche: Innen¬ schäden; Klein-Murham: sehr gefährdet. Ein gleich erschreckender Verfallsbericht könnte über den Zustand der Schlösser im Lande erstellt werden. Ihre einstigen Besitzer haben heute meist ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung verloren. Die Bauten, die sie für ihre Wohnzwecke aufführen ließen, sind jetzt vielfach verlassen, und daher einem unerbittlichen Schicksal ausgeliefert. 12) N. Guby, Die Kunstdenkmäler des oberösterreichischen Innviertels (Wien 1921), S. 46. 305

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