OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter Beförderung der Religion und des damit so eng verknüpften und so schuldigen Besten des Nächsten verwendet werden . . .“ Mit der Errichtung der Religions¬ und Pfarrcasse (später Religionsfonds) war aber tatsächlich nur eine wirtschaft¬ liche und juridische Behandlung des Problems gegeben. Wenn es in einem weiteren Kabinettsschreiben vom 11. März 1782 heißt, daß in allen Städten die aufgelas¬ senen Klöster an den Meistbietenden wegzugeben, daß ihre Kirchen und Kapellen von „allen vasis sacris und Altarsteinen zu leeren“ und ebenfalls zu veräußern seien, daß man mit den Klosterkirchen am Lande gleich verfahren solle, wenn sie nicht als Pfarrgotteshäuser Verwendung finden könnten, so offenbart sich darin der ganze rationalistische Irrtum dieser Aktion, die einen unermeßlichen Kunst¬ bestand in den luftleeren Raum hineindrängte 11). Jahrhundertealte Werte können nicht von einem zum anderen Tag abgetan werden. Sie sind auch niemals über¬ flüssig. Wie würde zum Beispiel eine Klosterkirche von Baumgartenberg als Ruine dem Lande den ewigen Stempel der Barbarei und Verelendung aufdrücken! Die aufgehobenen Klostergemeinschaften waren Wirtschaftskörper, die sich selbst erhielten und ihre Kunstwerke für sich und die Gläubigen aus ihren Mitteln schufen. Da sie heute nicht mehr bestehen, ihr Kunsterbe aber für Volk und Staat unersetzlich ist, gibt es nur die eine Lösung, daß die öffentliche Hand voll und ganz die finanzielle Verantwortung übernimmt. Sie besitzt ja auch in den Gütern des Religionsfonds eine wirtschaftliche Grundlage dazu. Die Klosterkirchen tragen über ihren gottesdienstlichen Zweck hinaus heute bereits einen musealen Charakter. Sie sind Schatz- und Wunderkammern heimischen Kunstschaffens. Wo ein eigener Herr abgeht, müßte eben der Staat die Museumshut übernehmen. Neben den aufgehobenen Klöstern wurden als „überlebte“ Kunstwerte die Filialkirchen genannt. Bescheiden ist ihre Stellung. Sie scheinen nur einer geringen Beachtung wert zu sein. Für den vertrauten Kenner der heimischen Landschaft und Kultur sind sie aber Bauwerke von ganz besonderem Reiz. Ihre hohe Zeit war das späte Mittelalter und die Barocke. Glaubenssehnsucht und Wunderglaube bewegten damals die Menschenherzen mit unvorstellbarer Macht. Zur Ehre volkstümlicher Heiliger, die das Vieh heilten, Gefangene lösten, die Armen nährten und die Pest bannten, wurden in einsamsten Gotteshäusern wunderbare Altarwerke errichtet, überaus liebliche Statuen geschnitzt. So finden wir von den wenigen erhaltenen gotischen Flügelaltären im Lande drei in Filialkirchen — in Pesenbach, Gebertsham und Ober-Rauchenödt. Be¬ sonders das Michaelskirchlein im obersten Mühlviertel ist ein wahres Gnaden¬ geschenk eines alten Meisters für alle nach ihm kommenden Geschlechter. Die Wall¬ fahrtskirche zu St. Anna im Steinbruch in der Pfarre St. Peter am Wimberg birgt einen gotischen Kreuzweg. Die barocken Baumeister haben meist die Baugestalt dieser Kleinkirchen un¬ verändert belassen. Viele bekannte und unbekannte Bildschnitzer gestalteten aber 1) Gesetzliche Bestimmungen über die Errichtung, Verwaltung und Verwendung der Religionsfonde der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder (Wien 1871), S. 14 ff. 304

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