OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Wutzel: Oberösterreichs Denkmalpflege in der Krise der Zeit packt sie, wie es die Menschen gepackt hat. Wohin die Entwicklung führen soll, ist heute noch nicht zu sagen. Man kann nur hoffen, daß die dunklen Prophezei¬ ungen pessimistischer Betrachter nicht Wirklichkeit werden. Es ist richtig, daß jene Kunstwerte einst aus praktischen Bedürfnissen ent¬ standen sind, denen sich ein edler Schmuckdrang und Schönheitssinn zugesellt hatten. Heute bedeuten sie aber über die praktische Bestimmung und über den ästhetischen Auftrag hinaus heimatbezogene Gefühlswerte, die das Leben jedes einzelnen bereichern. Sie bestimmen wesentlich das jetzige Landschaftsbild, sie formen unser Heimatbewußtsein. Deshalb ringt die Denkmalpflege so sehr um ihren Bestand, obwohl dieses Ringen vorläufig oft einer bitteren Sisyphosarbeit gleicht. Ziel der Bemühungen muß es sein, diesen Kunstdenkmälern wieder einen praktischen Sinn zu geben, neue Träger für sie zu finden, die mit Liebe pflegen, was von altersher geschaffen worden ist, die aber auch mit dem Denkmal als gegenständlicher Gegebenheit im gegenwärtigen Alltag etwas anzufangen wissen. Gerade im Kunstraum Oberösterreich ist in dieser Richtung ein schönes Bei¬ spiel anzuführen; Leben, Sterben und neues Leben der Abtei Engelszell im einsamen Donautal 6). Wilhering und Engelszell stehen im geschichtlichen Werden wie in der künst¬ lerischen Gestaltung ihrer Klosterkirchen und Klostergebäude in engster Verbindung. Nur hatte Engelszell in seiner Abgeschiedenheit immer ein härteres Los zu tragen. Oft drohte ihm völliger Verfall. Ein verheerender Brand zu Ausgang des 17. Jahrhunderts raubte den Mönchen Obdach und Gotteshaus. Wenige Jahr¬ zehnte später fand sich aber wieder ein tatkräftiger Abt, Leopold II. Reichl, der Klosterzucht und Klosterbau neu erstehen ließ. Ihm ist die barocke Gestalt dieses Zisterzienserstiftes zu danken, die heute jeden Besucher entzückt. Denken wir doch nur an die lebensvollen Statuen des Johann Georg Übelherr und an das in Farben überschäumende Deckenfresko des Bartolomeo Altomonte an der Vierungs¬ kuppel und der Decke des Presbyteriums! Die josefinischen Kirchenreformen schufen auch hier eine Lage, die, wie in allen aufgelassenen Klöstern Österreichs, bis heute empfindlich nachwirkt. Die alten Träger mönchischer Kultur wurden damals aus ihren Häusern verwiesen oder zumindest ihrer wirtschaftlichen Daseinsmöglichkeit beraubt, so in Engelszell am 6. Dezember 1786. Eine neue, wirklich befriedigende Verwertung des plötzlich herrenlosen Erbes gelang aber nicht. Porzellanmanufaktur und adelige Besitzer lösten einander ab, bis endlich im Jahre 1925 wieder eine Ordensgemeinschaft, die der Trappisten, in das alte Klostergebäude als junger Besitzer einziehen konnte. Ein seltener Glücks¬ fall! Damit waren Kirche und Kloster ihrem ursprünglichen Verwendungszweck *) Kunstgeschichtlich stammt die beste Arbeit über Engelszell von N. Guby, Die Stiftskirchen zu Wilhering und Engelszell, Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes Ig 12. Zur Geschichte siehe O. Schmid, Übersichtliche Geschichte des aufgehobenen Cistercienserstiftes Engelszell in Ober¬ österreich, Studien aus dem Benediktiner- und Zisterzienserorden Ig 5 und 6. Über die Aufhebung R. Hittmair, Der Josefinische Klosterturm im Lande ob der Enns (Freiburg im Breisgau 1907), G. 394 ff. 301

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2