OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Schriftum Verlaufe des gleichen Jahres wurde ihm die Wohnung im Landhaus „an der Stadtmauer mit der Aussicht auf den Graben und die Vorstädte“ eingeräumt 10, Von dort sah er im nächsten Sommer die von den Belagerern gelegten Brände auflodern und verglühen und diese Feuerröten waren ihm gewaltige Zeichen, daß das Ende seiner Linzer Zeit gekommen sei. In der Tat ließen die Folgen der Kriegshandlungen, von denen Linz betroffen war, an eine Weiterführung des Drucks der Rudolphinischen Tafeln nicht mehr denken. So erhielt denn Kepler von Ferdinand II., der vorerst auf Linz als Druckort bestanden hatte, die erbetene Erlaubnis zur Übersiedlung nach Ulm. „Am 20. November 1626 fuhr er mit Frau, Kindern, Hausrat, Büchern, Handschriften und Druckmaterial auf einem Schiff nach Passau, beseelt von dem Gedanken: das Tafelwerk muß fertig werden." Von den Mühen und Schwierigkeiten, unter denen es dann im September 1627 wirklich fertig wurde, berichtet Caspar am Beginn des letzten Hauptab¬ schnittes seines Buches. Auch Keplers berühmtes Tafelwerk, das mehr als ein Jahrhundert lang — um nur einen einzigen seiner vielen Dienste hervorzuheben die Seefahrer auf Entdeckungsfahrten begleitete und so zur Eroberung des Erdballs beitrug, wird für immer mit dem Namen Linz verbunden bleiben; denn nahezu alle Arbeiten, die zur Vollendung der „Rudolphinischen Tafeln“ führten, hat Kepler in Linz geleistet. Auch sonst finden sich noch bedeutsame Nachklänge an Linz in Caspars Darstellung von Keplers letzten Lebensjahren. Als Kepler im Sommer 1628 noch einmal — das letzte Mal in seinem Leben — nach Linz kam, um den Ständen über seine Tätigkeit in den Jahren seiner Abwesenheit von der Stadt und über seine Abmachungen mit Wallenstein zu berichten, sah er sich aufs freundlichste aufgenommen. Die Stände, die Keplers Zukunftspläne gut¬ hießen, bewilligten ihm am 3. Juli 1628 die erbetene Enklassung und ließen ihm 200 Gulden für die Überreichung des Tafelwerkes und zur Deckung seiner Reise kosten ausbezahlen. „Der ehemalige Landschaftsmathematiker verließ die Stätte seiner langjährigen und fruchtbaren Wirksamkeit voller Freude darüber, daß ihm die alten Patrone ihre Gewogenheit bewahrten: So ist es auch verständlich, daß Kepler eines seiner letzten Werke, den zweiten, in Sagan entstandenen Band der Ephemeriden“ in dankbarem Gedenken den oberösterreichischen Ständen widmete: 10) Caspar hebt in seinem Buch das Verdienst des Linzer Heimatforschers Rudolf Reicher¬ storfer hervor, die Frage nach Keplers Linzer Wohnungen auf Grund eingehender archivalischer Untersuchungen so weit geklärt zu haben, als es die vorhandenen Dokumente gestatten. — Bei dieser Gelegenheit sei auch vermerkt, daß Caspar noch auf zwei andere Männer unserer Heimat hinweist, die mit ihren Arbeiten zur Vereicherung der Kepler-Literatur beigetragen haben. Im Prager Kapitel ist der oberösterreichische Astronom P. Richard Nankl genannt, der mit seiner im 89. Jahresbericht des Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster (Kremsmünster 1946) veröffentlichten Arbeit „Der Tychonische Sextant in der Sternwarte Kremsmünster“ den Wahrscheinlichkeitsbeweis erbracht hat, daß dieses Beobachtungsinstrument mit einem von Kepler in Prag verwendeten Sextanten identisch ist. In den Literaturhinweisen findet sich der Name des Linzer Mathematikers R. Klug, dem wir eine Auswahlübersetzung von Keplers Schrift „Stereometria Doliorum“ verdanken. 277

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