OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter nicht der Untergangswinkel der Nativität, sondern der Erdenwinkel, in den ich mich mit Genehmigung meines kaiserlichen Herrn von dem allzu unruhigen Hofe zurück¬ gezogen habe und in dem ich die Jahre herein, die sich nun bereits gegen Ende meines Lebens hin neigen, mein harmonisches Werk und was ich sonst unter den Händen habe, ausarbeite. Lassen uns diese herrlichen Worte nicht das Glück der schöpferischen Einsam¬ keit nachfühlen, das Kepler in Linz beseelte? Daß ihm unsere Stadt dieses Glück geboten hat, entscheidet die Größe ihrer Bedeutung für sein Leben und Schaffen. Unsere Heimat hat aber Kepler nicht nur solches Schöpferglück ermöglicht, sondern sie hat ihm auch mit zweien ihrer Kinder Gefährten zugeführt, die sein Leben mit den Sonnen ihrer Herzen erhellten und erwärmten. Die verwaiste Schreinerstochter Susanna Reuttinger aus Eferding, mit der er am 30. Oktober 1613 im alten Nibelungenstädtchen feierliche Hochzeit hielt, schenkte ihm den Frieden treu gehüteter Häuslichkeit und — als Mutter vieler Kinderdie Freuden innigen Familienlebens. Und der Humanist Matthias Bernegger, ein Hallstätter von Geburt, der seine spätere Jugendzeit in Wels verbracht hatte und nachmals eine Zierde der Universität zu Straßburg war, wurde für Kepler mit dem schicksalhaften Tag (17. Juli 1612), da er ihm in Linz begegnete, zum besten und treuesten Freund, dem er in allen Anliegen sein ganzes Vertrauen schenken konnte, ohne jemals unbelohnt zu bleiben. Sein reich fließender Brief¬ wechsel mit diesem prächtigen, durch Hoheit des Geistes und Größe des Herzens ausgezeichneten Oberösterreicher, bildet eine der wichtigsten Quellen für das letzte Drittel seines Lebens, das sich in Linz — wie Kepler in jenem Selbstbekenntnis ahnend ausgesprochen hatte — wirklich zu Ende zu neigen begann. Welche Fülle menschlichen Erlebens und schöpferischer Arbeit liegt zwischen dem Tag, da Kepler ein Zimmer in einem (nicht mehr feststellbaren) Hause in der „Vorstatt zum Weingarten“ (der heutigen Gegend der Klammstraße und Kapuzinerstraße) bezog, und jenem Spätherbstmorgen, da er das Landhaus, seine letzte Linzer Wohnstätte, mit Frau und Kindern verließ! Zu welchem Höhepunkt hatte sich dieses Schöpferleben gesteigert, als das Haus in der Linzer Hofgasse, in das er Susanna heimgeführt hatte, zur Geburtsstätte der „Weltharmonik“ ge¬ worden war, die Kepler selbst als sein größtes Werk bezeichnete. Wie lange er in diesem so bedeutungsvollen Hause — wahrscheinlich war es das Starhem¬ berg'sche Freihaus (Hofgasse Nr. 9) — gelebt hat, läßt sich mit Sicherheit nicht sagen; fest steht nur, daß er mindestens bis 1619 dort verblieb. Für den Früh¬ ling 1625 ist sodann das Haus Nr. 5 in der heutigen Rathausgasse — seit 1943 mit einer Gedenktafel versehen — als Keplers Wohnstätte bezeugt, aber noch im dem Ergebnis dieser Arbeit, die Caspar zur Zeit der Abfassung seines Buches kaum schon kennen konnte, hatte den wesentlichen Anteil an der Schaffung der neuen oberösterreichischen Landkarte nicht, wie bisher anzunehmen war, Abraham Holzwurm, sondern Israel Holzwurm. — Hier sei auch auf Kreczis Arbeit „Johannes Kepler in Linz" in „Bilder aus vergangenen Tagen" (Linz 1947) hingewiesen. 276

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