OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Bausteine zur Heimatkunde Zeit zwischen den Kriegen, hat das durch Jahrhunderte bewahrt gebliebene Forschungsmaterial einer wissenschaftlichen Auswertung entzogen. Inzwischen haben sich jedoch auch die Forschungsmethoden vervollkommt und gewandelt. Außer einigen allgemeinen Gesichtspunkten, für die jedes Karner¬ material von Interesse ist, sind es jetzt im besonderen Sinne nur mehr jene gut erhaltenen Skelette, bei denen die Identität, vor allem des Schädels, feststeht und mit den Totenbüchern korrespondiert. Das ist meines Wissens in Oberösterreich nur in Hallstatt in größerem Umfange der Fall. Interessante Fragen stellt zweifel¬ los auch die Sammlung der Schädel in der Krypta von St. Florian 3), von denen viele aus dem Mittelalter stammen. (Im Jahre 1880 waren es noch 5650 Schädel und 47.000 Langknochen.) Eigenartigerweise fehlt in der Aufstellung des Jahres 1914 der Karner von Altmünster am Traunsee, dessen Inhalt schon Emil Zuckerkandl, Professor der Anatomie in Graz, 1883 zusammen mit den Karnermaterialien von Hallstatt und Laufen bearbeitet hat *). Ich konnte in einer im Jahrbuch des o. ö. Museal¬ vereines 1938 erschienenen Arbeit über Oberösterreich auf den Untersuchungen Zuckerkandls aufbauen und anhand seiner Listen das Material neu bearbeiten, vor allem in Verbindung mit Untersuchungen an Lebenden. In seiner Monographie über die Ötztaler5) hat Professor Sauser, Anatom und Anthropologe, neben¬ einander Lebende und Skelette behandelt. Eine von mir vorgeschlagene und gemeinsam geplante Durcharbeitung seines Materiales nach meinen Gesichts¬ punkten wurde durch den Krieg verhindert. Erfreulicherweise konnte Professor Sauser die Neuaufnahme der Hallstätter Schädel im Sommer 1948 in Angriff nehmen. Wieviele Karner und Gebeinsammlungen in Kirchen und auf Friedhöfen mag es heute in Oberösterreich noch geben, in denen einige oder eine größer Anzahl von Schädeln mit Namen versehen sind? Neben dem erwähnten anthropolo¬ gischen Interesse bieten identifizierbare Karnerschädel vor allem der Volkskunde neue Unterlagen und Bereicherungen. Tragen doch die beschrifteten Schädel oft eigenartige Verzierungen und Bemalungen, besonders auf dem Stirnbein, die vielfach jedoch auch über den ganzen Schädel reichen. Das Oberösterreichische Landesmuseum plant die Zusammenfassung aller jener Karnerschädel, die in Fried¬ höfen und Kapellen nicht würdig aufbewahrt werden können. Diese Schädel und sonstigen menschlichen Gebeine sollen in einem eigenen Ossuarium, das im Anschluß an eine bereits bestehende große Krypta geplant ist, gesammelt und aufbewahrt werden. Das Landesmuseum, Linz Museumstraße 14, bittet die hochwürdigen Pfarrämter und die heimatkundlich Interessierten um entsprechende Mitteilungen in dieser Sache. So könnte ein Teil des umfangreichen Bestandes sichergestellt 3) Alfons Müllner, Die Krypta in St. Florian, Linz (1883). *) Emil Zuckerkandl, Beiträge zur Craniologie der Deutschen in Österreich, Wien (1883). 5) Gustav Sauser, Die Ötztaler. Anthropologie und Anatomie einer Tiroler Talschaft, Innsbruck (1938). 17* 259

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