Oberösterreichische Heimatblätter Menschen, wenn sie sich außerhalb des Handwerks entfalten konnten. Auch mit Bezug auf das künstlerische Gestalten und Bilden gilt das Gesagte. Immer war es gern gelitten und gesehen, wenn es im bürgerlichen Nahmen blieb und nicht extravagante Auswüchse zeitigte. Wir wissen, daß gern und viel musiziert wurde, so waren die Prietaler Kinder des Josef Weinmeister berühmt durch ihr Gitarre-, Harfen- und Orgelspiel. Cembalo und Klavier waren selbstverständliche Requisiten der Gewerkenhäuser, in denen es oft eigene Musikzimmer gab. Im Blute lag auch gleichsam die Vorliebe für den Sport. Reiten, Fahren, Schießen, Jagen und in neuerer Zeit auch Turnen und Schilaufen wurden mit Lust gepflegt. So runden sich allmählich die Züge der Persönlichkeitskultur unserer Sensen schmiede. Aber was gåbe es da nicht alles noch zu berichten, um auch nur die rohen Umrisse dieses Denkmals, das sich die Sensenschmiede selbst errichtet haben, erkennen zu lassen. Bleibt das Letzte und das Beste: die Kultur des Herzens. Statt vieler Umschreibungen seien unter das Denkmal die Worte gesetzt, die man einem der letzten großen Sensenschmiede, Gottlieb Weinmeister III, gestorben 1873, ins Grab nachgerufen hat: „Er speiste durch viele Jahre täglich eine große Anzahl Pfarrarme und verabreichte jeden Tag 15 —20 Schulkindern das Mittag- und häufig das Abendessen; seinen Arbeitern, von denen er geliebt und verehrt wurde, war er ein gütiger Dienstherr und sorgte nach besten Kräften für ihr leibliches und geistiges Fortkommen. Überall wo ein Unglück sich einstellte, wo Hilfe not¬ wendig war, war er der erste zur Hand und übte Wohltaten. Bei ihm bewährte sich Goethes Spruch: „Um Gutes zu tun, brauchts keiner Überlegung' in glänzender Weise. Er war ein treuer, loyaler Staatsbürger, ein guter Gatte, ein zärtlicher Vater und genoß weit und breit den Ruf eines Ehrenmannes in des Wortes vollster Bedeutung. Das, was hier an Gottlieb Weinmeister gerichtet war, gilt für viele, gilt für die meisten Sensenschmiede. Mehr über ihre Haltung zu sagen wäre zu viel Damit ist aber auch eigentlich schon die Frage nach der Bedeutung der Kultur der Sensenschmiede beantwortet. In der Vergangenheit war sie der geschlossenste Lebenskreis bürgerlichen Standes in Ober- und Inner¬ österreich. Nicht was an Spitzenleistungen hervorgebracht wurde, nicht was man davon in Ausstellungen zeigen kann, ist bemerkenswert, sondern die breite, grund¬ legende Wirkung für den Aufbau der gesamten österreichischen Volkskultur. Und diese Wirkung hält an in der Gegenwart und dauert fort bis in die Zukunft. Aus den Privilegien und Vorrechten von einst, aus den Einschränkungen von gestern ward heute die Erkenntnis des Wertvollen und wird morgen — so wie die alten Erbstämme aufgegangen sind im Volksganzen —, das ist unser Hoffen und unsere Erwartung, eine geläuterte Volkskultur, die das sensenschmiedische Erbe mitein¬ begreift. 250
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