Oberösterreichische Heimatblätter entwickelt, und ebenfalls noch im 16. Jahrhundert Waidhofen an der Ybbs, Kindberg und Judenburg als jeweiliger Sitz einer Sensenschmiedzunft. Wechselvoll ist die Geschichte der Sensenschmiede, deren Handel sich über das ganze damals erschlossene Europa erstreckte. Die Perioden ihres Wohlstandes waren abhängig von der Handelsfreiheit, die des zeitweisen Niederganges von den Handelsbeschränkungen. Nach und nach gingen erst der Westen, Deutschland und Frankreich, dann Italien dem Sensenhandel verloren. Immer mehr verlagert sich das Absatzgebiet nach dem Osten und Südosten, bis schließlich auch dieses nach dem zweiten Weltkrieg seinen Umkreis verringert. Große Beschränkungen wurden der Erzeugung auch durch den Mangel an Rauheisen auferlegt, das der Eisenobmann in Steyr zu verteilen hatte. Immerhin festigte sich das Gewerbe der Sensenschmiede schon so frühzeitig, daß auf all den „Werkstätten“, wie die Hämmer hießen, sich Geschlechter begründen konnten, die durch vier Jahrhunderte dauerten und in ihrer Geschlossenheit und Formung, ihrem Ansehen und ihrem Reichtum insgesamt den Ehrentitel eines „schwarzen Adels“ oder der „schwarzen Grafen“ erhielten. Noch heute haben die Namen Holzinger, Fellinger und Moser, Grünauer und Hierzenberger, Blumauer und Rettenbacher, Pießlinger, Weinmeister und Schröckenfux, Zeitlinger und Steinhuber einen besonderen Klang in der Sippengeschichte unseres Landes Oberösterreich. Der Begriff „sensenschmiedische Kultur“ ist keine Übertreibung. Schon rein äußerlich unterschieden sich die Sensenschmiede durch eine besondere Kultur des Wohnens und durch die Standeszeichen ihrer gepflegten Tracht. Aber alle diese Erscheinungsformen des materiellen Lebens, die eine eigene Darstellung ver¬ dienen, blieben nur Merkwürdigkeiten, wenn ihnen nicht auf der anderen Seite eine geistige Kultur entsprechen würde. Für den geistigen Standort der Sensen¬ schmiede insgesamt sind in gleicher Weise jene Einflüsse der näheren Umwelt von Bauerntum, Schloß und Kloster maßgebend, wie für die materielle Kultur. Dazu kommt die immer sichtbarer werdende Weltaufgeschlossenheit durch Handels¬ beziehungen und eigene Welterfahrung, wie sie auf den vielen Reisen gewonnen wurde. Bestimmend blieb immer die bäuerliche, echt oberösterreichische Grund¬ haltung, die in der Reformationszeit und in den Bauernkriegen ihren eigen¬ artigen Klang am besten bewies. Das oberösterreichische Bauernwort „la di nit he“ kennzeichnet jene stolze Haltung, der eine Preisgabe der inneren Persön¬ lichkeit fremd ist. Mit einer solchen Souveränität, die sich des eigenen Wertes vollkommen bewußt ist, mißt und wägt der Sensenschmied die Realitäten der Welt, die er eher an sich herankommen läßt, als daß er sie aufsucht. Bestimmend für sein Tun und Lassen ist aber auch jenes übergeordnete Gemeinschaftswesen, als dessen Glied er sich weiß, die Zunft. Für uns Heutige ist es schwer nachfühlbar, wie groß der Einfluß des Zunftwesens auf jeden ein¬ zelnen, von seinem Freispruch, der sogenannten „Müssigsagung“ bis zu seinem Ableben gewesen sein mag. Die Eisenausstellung des Landesmuseums beher¬ 244
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