OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Das mächtige Gefäß ruht auf drei Füßen, die die Gestalten von Flügelgreifen haben und ist mit einem Scharnierdeckel verschließbar. Auf diesem steht ein Krieger, der in einer Barock-Kartusche das Zunftwappen hält. Zu den Trinkgefäßen, denen die Zünfte ihre besondere Sorgfalt angedeihen ließen, gehört der „Willkomm“, der ebenfalls als eine Art Heiligtum betrachtet wurde. Er wurde nur bei besonderen Anlässen benützt, dem Lehrling bei der Los¬ sprechung, dem neuen Meister zur Einkleidung in seine neue Würde und dem Gast, der in die Herberge kam, unter ernsten und feierlichen Zeremonien gereicht. Wie zähe man an den althergebrachten Zunftbräuchen festhielt, selbst in einer Zeit, in der die Bedeutung der Zünfte völlig geschwunden war, zeigt der „Will¬ komm“ der Klingenschmiede von Kleinraming und jener der Feilhauergesellen von Steyr. Beide befinden sich heute im Steyrer Heimathaus. Der erstere stammt aus dem Jahre 1833. Er ist in Metall gearbeitet, versilbert, teilweise vergoldet und mit reichen, getriebenen Verzierungen versehen. Der Deckel ist bekrönt von der stehenden Vollfigur des hl. Florian. An der Wandung des Pokals sind in ovalen Schildchen die Namen des Kommissärs Carl v. Schachermayer, des ersten Vürgesellen Stephan Hainninger, des zweiten Vürgesellen Mathias Eygruber und des dritten Vürgesellen Kaspar Gnäll eingraviert. Rings um die Wandung des Willkomm" hängen 15 Silbermünzen. Der zweite „Willkomm“ trägt die Jahreszahl 1838. Er ist ebenfalls aus Silber, vergoldet und wieder mit reichen Verzierungen in Treibarbeit geschmückt. Auf dem Deckel des Pokals steht die Vollfigur eines Feilhauergesellen mit Schurz¬ fell, Hammer und Feile. In die Wandung des Kelches sind auf drei Schildchen die Namen der Altgesellen Mathias Mayerhofer und Franz Teufelmayer einge¬ tragen. An der Wandung und am Fuße des Gefäßes hängen zahlreiche Münzen, Medaillen und in Silber getriebene Widmungsschilder, so daß bei jedem Kredenzen des „Willkomm“ ein zartes Klingen mitschwingt. Am Fuße des Pokals ist außer¬ dem als Eigentümerin die „Ehrsame Feilhauer Gesellen Bruderschaft zu Stadt Steyr“ genannt. Durch die Handwerksordnungen war das Leben und das Verhalten der Zunftmitglieder genau geregelt. Kleinere Verfehlungen wurden mit Strafgeldern geahndet, die in die Sparbüchse der Zunft gezahlt werden mußten. Ein wert¬ volles und seltenes Stück dieser Art ist die eiserne Sparbüchse der Hammerschmiede von Steyr mit aufgemaltem Stadt- und Zunftwappen. Auf dem Spruchband über dem Wappen ist zu lesen: „Gesegnet die ehrsame Hammerschmiede Zunft 1575 Zu den interessanten Zunftaltertümern gehören auch die Zunftzeichen oder Zunftschilder, die in den Gaststuben der Wirtshäuser und Herbergen von der Decke herabhingen. Hier hielten die Zünfte besonders in späterer Zeit ihre regelmäßigen Zusammenkünfte ab und hier trafen sich die Zunftmitglieder eines und desselben Berufes, unter ihren Zeichen vereinigt, zu gemütlichem Bei¬ sammensein, um sich nach der Mühe und Sorge des Tages bei einem Krug Bier oder Wein zu erholen. Im Gasthaus kamen sie auch mit den Angehörigen anderer 240

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