Oberleitner: Zunftaltertümer des oberösterreichischen Eisenhandwerkes schmieden in einer Zunft vereinigt. Jetzt wurden beide Zünfte voneinander getrennt und von hier ab gehörten zum Zweckschmiedehandwerk außer Steyr auch die Orte Waidhofen, Steinbach, Naming und Dambach. Neben den verschiedenen eisenverarbeitenden Gewerben, die in Steyr ihren Sitz hatten, entwickelte sich hier vom 14. bis zum 16. Jahrhundert die Messer¬ erzeugung, die die Klingenschmiede, Schleifer und eigentlichen Messerer umfaßte, am stärksten. Steyr wurde der Hauptsitz der Messerermeister, die mit Privilegien reich ausgestattet wurden. Sie besaßen im Fondaco dei tedeschi in Venedig ihre Hauptniederlage und von hier gingen die Messererwaren in alle Welt. Sie hatten auch in Regensburg einen großen Handelsplatz und von da nahmen die Steyrer Messer ihren Weg nach Frankreich, England, Holland und Polen. Die sogenannten ungarischen Messer wurden über Wien nach Ungarn geliefert. Neben Steyr war schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts „das goldene Stein¬ bach“ der wichtigste Ort des Eisenhandwerks im Steyrtal. Wie aus einer Urkunde aus dem Jahre 1422 hervorgeht, hat hier um diese Zeit die Messererzunft schon bestanden. Das älteste bekannte Messererinnungssiegel trägt die Jahreszahl 1446. Nach einer Urkunde des Erzherzogs Albrecht aus dem Jahre 1462 gehörten alle Messerer, Klingenschmiede und Schleifer im Umkreis von zwei Meilen zur Stein¬ bacherinnung. Die Messerer von Trattenbach, Neuzeug, Sierninghofen, Grün¬ burg, Molln, Leonstein, ja sogar Klaus, Kirchdorf und Kremsmünster zahlten in die Zeche nach Steinbach. Auch das Raming — Dambachtal war ein Hauptsitz der Messererindustrie. Ihre Meister zählten zur uralten Zeche der Klingenschmiede in der Naming. Die Zunft der Sichel- und Nagelschmiede in Losenstein hatte zahlreiche Hämmer im Lausatal und im weiteren Umkreis und im 16. Jahrhundert über 200 Meister. Molln war Sitz der Maultrommelerzeugung. Im Tratten¬ bachtal verfertigten durch Jahrhunderte die Kleinhämmer die „Taschenfeitel“ oder „Zaukerl“, die in alle Länder verschickt wurden. Die Zahl der Meister und Gesellen im Trattenbachtal war im 17. Jahrhundert so groß, daß sich diese 1680 von der Steinbacherzunft trennten und eine eigene Innung bildeten. Schon im Mittelalter erlangte die Sensenindustrie Oberöstereichs große Be¬ deutung. 1585 schlossen sich die Sensenschmiede des Krems- und oberen Steyr¬ tales zu einer einzigen Zunft zusammen. Ihr Mittelpunkt war Kirchdorf. Seine Blütezeit erlebte dieser Industriezweig im 18. Jahrhundert. Damals bestanden in Oberösterreich drei Zünfte, von denen die Kirchdorf - Micheldorfer Zunft mit 45 Werkstätten zu je 20 bis 24 Gesellen und Lehrlingen die bedeutendste war. Die Erzeugnisse der Sensenindustrie gingen in großen Ladungen nach Deutsch¬ land, Frankreich, in die Schweiz, nach Polen und Rußland. Bezeichnend für das Selbstbewußtsein der Mitglieder ist es, daß die Sensenschmiede und ihre Frauen eine eigene Kleidung trugen. Auch die Gesellen hatten als stolzes Kennzeichen der Zugehörigkeit zum Sensenschmiedhandwerk eine schmale goldene Borte auf dem Hut. Bis herauf ins 19. Jahrhundert nannte man die Sensenwerksfamilien „die vom schwarzen Adel“. 235
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