OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Die Freistädter Sensenschmiedordnung vom Jahre 1502 Von G. Grüll (Linz) Das Freistädter Archiv ist sowohl was den Inhalt, das Alter und auch den Umfang der Bestände anbelangt, das bedeutendste unter den oberösterreichischen Stadtarchiven. Reiche Schätze an Zunftarchivalien bilden neben den vom 14. Jahr¬ hundert an erhaltenen Stadtrechnungen und Urbaren den wertvollsten Bestandteil Die Wirren des letzten Krieges fügten diesem Archiv zwar manche Verluste zu, doch sind diese, dem erhaltenen Bestande gegenüber gemessen, nur als ganz gering zu bezeichnen. Unter den schon erwähnten Zunftarchivalien ragen besonders einige Stücke durch Alter und Inhalt hervor. Es sind dies die alten Rechte der Bäcker, die im Jahre 1397 in einem Streit mit den Gesellen im Rathaus ihren alten Gebrauch aufzeichnen ließen 1). Diese Ordnung dürfte für die Bäcker die älteste in ganz Österreich sein, stammt doch die älteste Zunfturkunde der Bäcker im Wiener Zunftarchiv erst aus dem Jahre 1429 2). In ihr ist bereits von Arbeits¬ verweigerung der Bäckergesellen die Rede. Als nächste Handwerksordnung folgt dem Alter nach die der Lederer vom Jahre 1454 3) und im Jahre 1457 zeichneten die Schneidergesellen die Satzungen ihrer Gesellenzeche auf *) Einem günstigen Geschicke ist es zu verdanken, daß das Stadtarchiv Freistadt als äußerst wertvolles Stück die älteste Ordnung der Sensenschmied¬ meister und Gesellen vom Jahre 1502 erwerben konnte 5). Freistadt zählte vom Ausgang des Mittelalters an zu den bedeutendsten Handelsorten Österreichs. Straßenzwang und Niederlagsrecht sicherten der Grenzstadt gegen¬ über allen anderen Orten im nördlichen Österreich weitgehendste Handelsvorrechte. Der ganze Handel mit Eisen und Salz nach Böhmen hinein und von dort weiter nach den nördlichen Teilen Deutschlands und Polens ging über Freistadt. Neben Wien und Krems war die Stadt auch Eisenlegort. *) Stadtarchiv Freistadt, Handschrift 937. 2) G. A. Ressel: Das Archiv der Bäckergenossenschaft in Wien (Wien 1913) S. LXI. 3) Stadtarchiv Freistadt, Urkunde 633 vom 25. 7. 1454. *) Stadtarchiv Freistadt, Pap. Urkunde 666. 5) Stadtarchiv Freistadt, Urkunde 992 a. Diese Urkunde, gesiegelt mit dem zweitältesten Stadtsiegel, in grünem Wachs, in vorzüglicher Erhaltung ist in einer Viedermeierschachtel aus Buntpapier, aus der Zeit von 1830/40 verwahrt. Diese schenkte am 21. Mai 1949 Dr. N. Lenk (Linz) dem Stadtarchiv in Freistadt. Er hatte sie von einem Verwandten Herrn Heinrich Thury erhalten. Von den Thury waren zwei Bürgermeister, reiche Kaufleute und Gewerken in Freistadt und hatten diese Urkunde durch zwei Generationen gehütet. Das Thurytal bei Freistadt trägt von ihnen seinen Namen. Diese Zunftordnung war auch in der Eisenausstellung des Landes¬ museums (1949) zu sehen. 212

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