Kurzel-Runtscheiner: Vier unbekannte Darstellungen zur Geschichte des österreichischen Eisenwesens zeichnungen kann als die älteste Darstellung des Bergortes Eisenerz (Innerberg) und des steirischen Erzberges überhaupt bezeichnet werden, als welche bis nun jene des Jahres 1649 von Merian galt. Ebenso kannte die Technikgeschichte bis nun noch keine Darstellung des Holzrechens in Groß-Reifling an der Enns. Als älteste Darstellung des steirischen Stuckofens aber galt, da jene in Agricolas „De re metallica“ von 1556 augenscheinlich nicht auf Grund eigener Anschauung des Zeichners beruhen, die in Emanuel von Swedenborgs „Opera philosophica et mineralogica“ vom Jahre 1734 ent¬ haltene. Der von Lucas van Valckenborgh 1575 gemalte „Stuckofen in wilder Gebirgslandschaft“ des Wiener Kunsthistorischen Museums aber ist —so genau die Einzelheiten des Stuckofens selbst erkennbar sind — in einer zweifellos als Phantasielandschaft anzusehenden Gegend dargestellt. Die Ölbilder von Herry met de Bles aber, die vom Verfasser in dem im „Siegerland“ 1938, Heft 2, veröffent¬ lichten Aufsatz „Stuckofen und Floßofen zur Eisengewinnung und deren älteste Abbildungen“ als „das alpenländische Eisenwesen von der Gewinnung des Eisen¬ erzes bis zur Herstellung der Fertigwaren um 1525“ bezeichnet wurden, stellen den Eine die einzelnen Phasen Floßofenbetrieb und nicht den Stuckofenbetrieb dar. des Ablaufes des Stuckofenverfahrens darstellendezeichnerische Erklärung aber, wie sie das zuletzt beschriebene Blatt enthält, war bisher überhaupt unbekannt. Als Hersteller dieser Blätter, denen künstlerische Qualitäten nicht eignen, kommt wohl einer aus der Reihe jener Kunstmeister, Markscheider oder zeichnerisch geübten Gewerken in Frage, die am Beginn des 17. Jahrhunderts in Eisenerz lebten. Vielleicht war der Zeichner sogar der Proponent jenes Schrägaufzuges oder Bremsberges, der auf der zweiten Zeichnung eingetragen ist. Diese stellt das Tal des Erzbaches um 1613 dar (Abb. 1). Der Zeichner tat dies in der Weise, daß er die beiden in horizontaler Sicht aufge¬ nommenen Talhänge etwa in der Weise in die Bildebene klappte, wie dies im maschinenbaulichen Zeichnen noch heute oftmals mit den verschiedenen Ansichten und Schnitten von Maschinenteilen geschieht: daß dem so ist, läßt die Hypothese, daß ein Kunstmeister Hersteller der neu aufgefundenen Zeichnungen gewesen ist, wahr scheinlich erscheinen. Tatsächlich sieht der Beschauer auf der einen Hälfte des Blattes oberhalb des beinahe gradlinig gezeichneten Erzbaches mit seinen Wasserbauten und dem oberhalb des Bergortes abgezweigten Fluder die rechte Talseite dargestellt. Der Erzberg ist in seinem oberen Teil von Wald bewachsen, während der untere Teil des Bergmassivs, in dem damals hauptsächlich die Gewinnung des Eisen¬ erzes vor sich ging, beinahe vegetationslos abgebildet ist. Über die Auswertung der Baum- und Blumenabbildungen, die in Inseln und Gruppen das gesamte Tal umziehen, soll von anderer Seite in einer eigenen kleinen Skizze in einem der nächsten Hefte berichtet werden. Auch sind auf diesem Teil der Erzbergdarstellung einige der dort bestandenen Kauen angedeutet, die wohl an den jeweiligen Stollen¬ eingängen standen — wurde doch damals das Erz nicht im Tagbau, sondern im Stollenbau gewonnen. Knapp unter der Waldgrenze hat der Zeichner das Wort 207
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