OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter zeit eine maßgebende Siedlerschichte gebildet hat. Den umgekehrten Vorgang treffen wir am Ausgange des 15., noch mehr seit dem 16. Jahrhundert, wo vielfach begüterte Bürgerfamilien, oft auch Nachkommen der städtischen Adels¬ familien, wiederum zurück auf das Land wandern, um dort als Herrschaftsbesitzer ein wirtschaftlich vorteilhafteres Leben zu führen; auch das Problem dieses Bürgeradels harrt einer näheren Untersuchung. Aber auch nach der anderen Seite hin gibt es Fälle, in denen bäuerliche Untertanen ihrer Herrschaft gegenüber eine Ausnahmsstellung einnehmen. Einige Gewerbe, die auf dem Lande sitzen, wie die Mühlen, insbesonders aber die größeren Eisenwerkstätten, nehmen eine rechtlich abgesonderte und gehobene Stellung ein; es wird zu erheben sein, inwieweit es sich hier um Reste alter Sonderfreiheiten (z. B. Asylrecht der Bäder) oder aber um landesherr¬ liche Regalrechte bzw. Versuche, diese gegenüber den alles überwuchernden grundherrschaftlichen Rechten durchzusetzen, handelt. Zur rein räumlichen Erfassung der alten Herrschaften durch die Herstellung einer Herrschaftskarte und die Verfolgung des Besiedlungsvorganges müssen wir daher, um überhaupt zu einer halbwegs anschaulichen und auch in sich richtigen Vorstellung vom Wesen der Herrschaften zu kommen, auch deren Rechts- und Wirtschaftsgeschichte in unser Programm einbeziehen. Wir besitzen bisher noch keine einzige Herrschaftsgeschichte, die uns mit dem inneren Aufbau in allen seinen Zweigen, insbesonders mit dem gesamten Komplex des Unter¬ tanenverbandes bekanntgemacht hätte. Wir müssen uns stets bewußt sein, daß wir es bei den Herrschaften weniger mit der Bewirtschaftung und obrigkeit¬ lichen Verwaltung flächenmäßig genau abgegrenzten und geschlossenen Ge¬ bietes als vielmehr mit einem oft örtlich sehr zerstreuten Rechts- und Per¬ sonenverbande zu tun haben. Für die Erkenntnis der Rechtszustände und ihrer Wandlungen bildet jedoch in vieler Hinsicht die Erforschung der Wirtschaftsgeschichte der Herr¬ schaften eine Voraussetzung. Es wurde bisher noch nie untersucht, welche Arten von Einnahmen einer Herrschaft zukamen, wie hoch sich die Gesamtsumme belief und wie und für welche Zwecke die Einnahmen verwendet wurden. Erst wenn es uns gelungen ist, für eine Reihe von Herrschaften die Wirtschaftsbilanz aufzustellen, werden wir viele Maßnahmen in ihrer Zielrichtung oder Zwangs¬ läufigkeit kennen lernen und damit eine Basis gewinnen, auf der ein wirkliches Urteil über die Verhältnisse vor und nach den Bauernkriegen usw. gefällt werden kann. Auch hier müßte wieder als notwendige Ergänzung zur Untersuchung der Herrschafts-Wirtschaft auch eine solche über die bäuerlichen Wirtschaften, ihr Erträgnis und ihre Belastung treten, eine Arbeit, für die uns in den vielen Briefprotokollen ein mehr als reichhaltiges Material zur Verfügung steht. In diesem Zusammenhange wäre zu erwägen, ob nicht der Herstellung der Herrschafts-Gebietskarten auf Grund des franziszeischen Katasters eine auf den Schätzungsoperaten desselben Bestandes beruhende Wirtschaftskarte zur 102

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