OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Jungmair: Lebendige Worte an die Heimat M6 194n aln 100 720 Kunst und Mode Die Mode ist nichts als das blinde Herumtappen nach den Mustern des Schönen und Zweckmäßigen, die uns abhanden gekommen. Die kurzsichtige Eitel¬ keit macht uns immer glauben, das zuletzt Ergriffene sei das Rechte, allein kaum hat die Menge Zeit gefunden, es mit gedankenloser Hast nachzuahmen, so sind wir bereits des Irrtumes inne geworden; neue Wahl — neues Nachäffen neues Wegwerfen! Das Narrenreich der Mode wird aufhören, wenn wir einmal das Rechte, Wesentliche gefunden und erkannt haben. Dann werden wir uns einer Stetigkeit zu erfreuen haben, wie die Kunst der Griechen, Römer und jene des (Über Geschichte, Kunst und eine vaterländische historische Malschule.) Mittelalters. Grundsätze politischen Wirkens Es wird sich niemand finden, der mir das Zeugnis energischer Tätigkeit, der strengsten Rechtlichkeit, schonenden Wohlwollens versagen kann. Mißtrauen gegen mich bestand nur in oberen Regionen aus Anlaß meiner politischen Freimütigkeit und Offenheit. Dieses Mißtrauen stand jedem Schritte meiner Beförderung ent gegen. Ich kümmerte mich wenig darum, denn ich hatte ja keine Lustje die Provinz zu verlassen, die meine Heimat, der ich von Jugend an mit der wärmsten, innigsten Anhänglichkeit zugetan war. Ich war durchdrungen von dem Berufe, ein Vertreter dieses schönen Landes zu sein, ich suchte ihn in seiner wahren ursprünglichen Bedeutung aufzufassen, ich suchte die Berechtigung der Stände gegen die neuen Lehren des Absolutismus in in der Geschichte nachzuweisen. Unbedingte Herrschaft des Gesetzes ist heute umso notwendiger, je mehr man sich erst gewöhnen muß, das selbstgeschaffene Gesetz ebenso heilig zu halten, wie jenes, welches die Herrschergewalt oder der Lauf von Jahrhun¬ (An meine Mitbürger und Wähler.) derten sanktioniert hat. Der Einzelne und die Gemeinschaft Meine Begriffe von Pflicht, Recht und Freiheit, die in meinen Jugendjahren beinahe dieselben waren wie jetzt, machten, daß ich gegen Staaten, ihre An¬ sprüche und ihre Weise, das Wohl der Menschheit zu fördern, keine große Ach¬ tung haben konnte. Zudem hatte ich aus allem gelernt, daß ohne Tugend der Bürger kein Gemeinwesen bestehen kann. Diese zu fördern, um ihrer selbst und der allgemeinen Wohlfahrt willen, schien mir groß und größer als alle Großtaten. (An meine Mitbürger und Wähler.) Der äußere Weg von den Klagen unzählbarer Menschen über die Der Himmel widerhallt Selbstsucht — der Anderen. Sollten wir ihnen glauben, so wäre die Zeit von Jahrhundert zu Jahrhundert immer tiefer gesunken, bis zur erbärmlichsten Flach¬ heit und Hohlheit herabgekommen; Dampf und Geld regierten die Welt, erloschen wäre die heilige Flamme der Begeisterung, des Glaubens, aufopfernder Liebe und Freundschaft, ja selbst die Leidenschaften hätten ihre Spannkraft verloren. 153

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