OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter Bei 1000 Original-Urkunden, welche schon der Zerstörung geweiht waren, in kaum zugänglichen Gewölben moderten oder sich im Besitze von Privaten be fanden, wo ihre Erhaltung nicht gesichert war, hat der Verein als Eigentum erworben. Bei 7000 Urkunden liegen in den sorgfältigsten Abschriften aus ihren Originalen vor und Tausende von Regesten ergänzen das Materiale unserer frü¬ heren Geschichte. Der Stoff ist bewältigt. Unsere Anstalt kann stolz darauf sein, dieses gro߬ artige Unternehmen hervorgerufen zu haben. Das Verdienst der Ausführung gebührt zwar nur wenigen, deren gelehrte Vorbildung und unermüdlicher Eifer der Größe des Unternehmens entsprach, allein der Ruhm fällt von diesen auch auf den Verein zurück, der Männer wie Chmel und Stülz für seine Interessen zu gewinnen wußte, der ihre mühevollen Arbeiten durch die erforderlichen Mittel und Hilfsarbeiten unterstützte. (IX. Bericht des Museums Francisco Carolinum.) Vom schöpferischen Geiste des Mittelalters Das Mittelalter hat durch Aufnahme höherer geistiger Elemente den Über¬ gang aus der in hohem Grade durchgebildeten, aber doch heidnisch gebliebenen alten Welt in die Neuzeit vermittelt. Das neue Licht des Glaubens entzündete die edelsten Leidenschaften, die, unterstützt von ungeschwächter Naturkraft, Wunder wirkten: Wunder der Hin¬ gebung und Selbstverleugnung, Wunder der Tapferkeit — Wunder der Kunst. Nichts kann Geist und Gemüt mehr erheben als die Betrachtung der Kräfte und Fähigkeiten, welche die christliche Lehre bei den germanischen Völkern entwickelte, aber es kann auch nichts lehrreicher sein, als die Beobachtung der Verirrungen des Geistes und der Gefühle, der falschen Richtungen, die eingeschlagen wurden, welche uns Zuständen entgegenführten, in welchen uns unheimlich zu werden an¬ fängt. Wir haben wohl ein scharfes Auge für die Mängel des Mittelalters, aber wenig Sinn für das Große und Herrliche, das in ihm zum Durchbruch gekommen ist. So sind wir dem Geiste und inneren Leben des Mittelalters beinahe fremder geworden, als jenem der antiken Welt. (IX. Bericht des Museums Francisco Carolinum.) Kulturgeschichte — Geschichte des inneren Gemütslebens Was einst den Menschen froh und glücklich machte, was treuer Ausdruck seiner Empfindungen war, sollte nie untergehen und wenn es über anderen Be¬ strebungen des menschlichen Geistes Jahrhunderte hindurch vernachlässigt, ganz außeracht gelassen würde, so soll die Wissenschaft dahin zurückkehren und trachten, die wesentlichen Lücken auszufüllen, welche die Staatengeschichte und einseitige Altertumskunde in der Geschichte des inneren Gemütslebens übrig gelassen hat. Unsere Zeit fängt an, dies deutlicher zu erkennen; darum wird jetzt mit Recht großer Wert gelegt auf Sagen, Märchen, alte Gebräuche und Lieder unserer Vorzeit; wir bereichern und berichtigen dadurch unsere oft sehr verarmten 150

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