OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Jungmair: Lebendige Worte an die Heimat Sagenforschung Welch reiche Zusammenstellung, welch willkommene Nachweisungen würde ein Forscher geben können, der die österreichischen und steirischen Urkunden mit Beziehung auf das Alter und die Entwicklung unserer Volkssprache, auf die heimatliche Besiedlung, auf Topographie und Genealogie der alten österreichischen und bairischen Geschlechter durchforschte und mit topographischer Kenntnis, der aber auch genaue Kenntnis der ältesten oberdeutschen, sowie der noch bestehenden Volkssprache zur Seite stehen müßte, erläuterte! Solche Forschungen würden über den Ursprung und die geschichtliche Bedeutung unserer Heldensagen helleres Licht verbreiten und nach dem Volkstum und seinen Äußerungen ohne Zweifel auch über die frühesten Einwanderungen deutscher Stämme und über die Koloni¬ sierung weiter Länderstrecken wichtige Aufschlüsse geben können. (Mutmaßungen über Heinrich von Ofterdingen und sein Geschlecht.) mi Archivforschung und -pflege So wie der einzelne Mensch durch die Erfahrung reift, so die Staaten durch die Geschichte. — Die Geschichte wird aber erhalten durch die Sorge für die Erhaltung geschichtlicher Denkmäler, mündlicher und schriftlicher Überlieferungen. Wir sind es dem Andenken unserer Vorfahren, das nur dem Barbaren nicht heilig ist, wir sind es der Gegenwart, so wie der Nachwelt schuldig, uns hierin nicht lässig zu erweisen. Der rasche insbesondere seit den letzten Dezennien beschleunigte Gang der Zerstörung erfordert dringend die wirksamsten Maßregeln. Die ältesten Urkunden, die wichtigsten Quellen für die Geschichte des Landes verzehrt der Moder oder sie werden nach Gewicht zu den verschiedensten Bedürfnissen an Handwerker hint¬ angegeben. So hat man vor kurzem in der Nähe unserer Hauptstadt Hunderte von alten, auf Pergament geschriebenen Urkunden ausgewaschen und an Holz¬ warenhändler zum Überziehen von Kindertrommeln verkauft, andere in kleine Streifen zerschnitten und zur Reparatur von Streichinstrumenten verwendet. Wo aber ein Bedürfnis lebhaft empfunden wird, da ist die Hilfe nahe. Gewöhnlich ist es nicht ein glücklicher Zufall, der mit einem Male volle Be¬ friedigung gewährt; ausharrender, aufopfernder Fleiß, unverrücktes, sinnendes Streben führt zum Ziele oder bringt demselben näher. (I. Museal-Bericht.) Anlage des oberösterreichischen Urkundenbuches Ein Verein zur Erforschung der heimatlichen Geschichtsquellen hat die Spuren des geistigen Lebens, Wirkens und Schaffens zu sammeln und zu erhalten. Wir haben in unserem, wenn auch beschränkten Wirkungskreise das Materiale beizu¬ schaffen und zu bewahren, das der Zukunft, welche berufen ist, sich vollständiger zu orientieren und zu sichten, unentbehrlich sein wird. Die vorzüglichste Grundlage alter Geschichte bilden die Urkunden eines Landes, die Aufzeichnungen der Zeitgenossen über das, was in ihrer Zeit geschah. Als das Museum seine Wirksamkeit begann, wie klein war die Anzahl derer, welche die Wichtigkeit der Urkunden kannten! 149

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