OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter zählen, zu beschreiben, zu besingen, zu malen und zu meißeln, bis diese Rinde von Teilnahmslosigkeit hinwegschmilzt. (Über Geschichte, Kunst und eine vaterländische historische Malschule.) Vom österreichischen Volkscharakter Kein Volk kann mit größerer Anhänglichkeit und Beharrlichkeit am Alten, Überlieferten festhalten, nicht weil es alt und herkömmlich, sondern weil es gut und bewährt ist. — Der Österreicher hat die seltene Gabe, daß er gute Tage vertragen kann, aber auch im Unglücke weiß er auszuhalten, wo nicht durch über¬ wiegende Geistesstärke, so doch durch die Fülle der inneren und äußeren Hilfs quellen. Sein und seines Landes Vorzüge wird er sich erst bewußt, wenn er genötigt wird, Vergleiche anzustellen oder wohl gar die Ehre seines Vaterlandes gegen andere zu verteidigen. Im Genusse so ausgezeichneter Lebensverhältnisse liebt er nicht das Gepränge der Worte, das Zurschautragen der Empfindungen. Nichts haßt er mehr als Unnatur, Ziererei und Affektation. Er ist mehr, als er scheint und hält mehr, als er verspricht. (Heinrich von Ofterdingen und das Nibelungenlied.) Reichtum der oberösterreichischen Volkskultur Die Volksdichtung ist bis auf den heutigen Tag in unserem schönen Lande von ausgezeichneter Fruchtbarkeit! Möchten sich doch auch aufmerksame Sammler finden, welche die große Anzahl von Liedern und Texten sammeln, welche zum Tanz oder zur Zither gesungen werden. Es gibt Leute, die deren hunderte aus wendig wissen! Unvergeßlich bleibt mir die Erinnerung an einen schönen Maien¬ tag, wo ich in einem Tale zwischen dem Atter- und Traunsee von einem hundert stimmigen Chor von Männer- und Weiberstimmen überrascht wurde. Die Holz arbeiter waren ausgezogen, um auf einem Berge Holz zu fällen. Wer lehrte sie die Hymne, die voll echten dithyrambischen Schwunges so wunderbar zum Er¬ wachen des Frühlings, zu dem Sturze der Tannen und Buchen, zum Rauschen des Bergbaches paßte! (Die Österreichischen Heldensagen.) Treubewahrtes Brauchtum Mit freudigem Stolz kann der Oberösterreicher fragen: Wo wurden die Eigentümlichkeiten treuer bewahrt? Wo geschah eine glücklichere Verbindung der Sitten und Weisen der Volksstämme, als hier? Das ists, was dem Bauer des Landes zum größten Ruhme gereicht, daß er ungeachtet seiner Fortschritte in Kenntnissen aller Art, den Sitten und Gewohnheiten seiner Vorfahren treu geblieben ist. (Die Österreichischen Volksweisen.) Erforschung und Pflege alten Volksgutes Wir dürfen das gegenwärtig in unserem Lande noch bestehende Altherkömm¬ liche und Eigentümliche in unserem Volksleben nicht unbeachtet lassen, das bei länger dauernder Sorglosigkeit in nicht ferner Zukunft nicht mehr festzuhalten und darzustellen sein würde, so besonders in Volkssprache und Volkslied. Wir sind im Besitze der ältesten Sammlung origineller Volkslieder und Weisen. Einen höchst merkwürdigen Beitrag erhielten wir durch das Geschenk 146

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