OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Hoffmann: Aufgaben der geschichtlichen Landesforschung in Oberösterreich zwischen Landesfürsten und Ständen. Wenn es auch nicht die Aufgabe unserer Landesgeschichte sein kann, diese weit über den mit den Landes¬ grenzen uns gezogenen Nahmen hinausgehende Frage in allen ihren Bereichen zu klären, so täte es doch bitter not, wenigstens einmal festzustellen, wer eigent¬ lich in unserem Lande als Landstand galt. Erst in zweiter Linie tritt das mehr politische Motiv der Absonderung der Stände ob der Enns von jenen des Landes unter der Enns samt allen damit verbundenen Einzelheiten wie der Geschichte der Erbämter usw. hervor. Wir müssen uns überhaupt darüber klar sein, daß die Lenkung der Geschicke eines Landes sowohl in politischer als auch kultureller und wirtschaftlicher Hin¬ sicht Jahrhunderte hindurch einer zahlenmäßig äußerst kleinen Oberschichte, dem Adel, anvertraut war. Sosehr nun dieser Adel selbst das Wissen um seine familienmäßigen Verbindungen in Form der Genealogie, der reinen Abstammungs¬ kunde, gepflegt hat, so wenig kennen wir die eigentliche Sozialgeschichte des Adels. Freilich würde hier eine Erörterung der grundsätzlichen Fragen weit über den Problemkreis der Landesgeschichte hinausreichen; was in deren Nahmen zunächst einmal zu erforschen wäre, das sind die Hintergründe und praktische Aus¬ wirkung der Teilung des Adels in die Oberschichte der Landherren und die niedere Gruppe der Ritter. Außer dem jeweiligen zahlenmäßigen Verhältnisse wird uns vor allem der in späteren Jahrhunderten genauer verfolgbare Aufstieg von der einen in die andere Gruppe interessieren. Ebenso fruchtbar wäre es, den Aufstieg bürgerlicher, ja sogar bäuerlicher Personen in den Ritterstand wie überhaupt die innere Zusammensetzung der bunten Schichte des Kleinadels und die von ihm innegehabten sozialen und wirtschaftlichen Stellungen näher ins Auge zu fassen. Jedenfalls scheint für viele von ihnen die Verwaltung eines landesfürstlichen Amtes, vorzüglich, wenn es sich um Finanz¬ und Wirtschaftsämter handelt, den Ausgangspunkt ihres sozialen Emporkommens gebildet zu haben, ebenso wie umgekehrt bei schon vorhandenem Reichtum die den Landesfürsten gewährten Darlehen nicht ohne Einfluß auf den Einsatz in wichtigen politischen Posten waren. Die Geschichte der Stände darf schließlich nicht bloß von ihren politischen Funktionen her betrachtet werden, sie wurzelt nicht zuletzt in der starken Bindung aller Rechte an Grund und Boden. Es wird aufzuklären sein, wie die Begriffe Herrschaft, Grundherrschaft und Land¬ standschaft zusammenhängen. Eine der ganz wesentlichen Arbeiten wird überhaupt darin bestehen, die Herrschaften, die die Zelle des mittelalterlichen Staatslebens bildeten, in allen ihren Bereichen gründlich zu untersuchen. Dazu gehört zunächst die rein räumliche, kartographische Erfassung der Verteilung des Landesbodens auf die einzelnen Herrschaften, die Bearbeitung einer Herrschaftskarte des Landes ob der Enns auf Grund des franziszeischen Katasters. Zwar vermag uns der Kataster bloß den Zustand für eine sehr späte Zeit, etwa 20 Jahre vor der Auflösung der alten Herrschaftsverfassung im Jahre 1848, wiederzugeben; es wird jedoch dann

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