OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Unfried: Franz Xaver Müller nug tun in seiner alten Lieblingsbeschäftigung, dem Krankenbesuch. Obwohl als Augenleidender vom täglichen Brevier befreit, betete er es doch täglich unter größten Anstrengungen mit der Lupe. Dazu kamen täglich drei Rosenkränze, oft die Kreuzweg-Andacht, die er besonders liebte, und am Freitag die Sühnean¬ dachtsstunde. Aus der Zeitung mußte ihm seine Wirtschafterin täglich vorlesen. Politik und Kunstberichte interessierten ihn bis an sein Lebensende am meisten. Bei Kritiken über Aufführungen seiner Werke pflegte er bescheiden abzuwinken. Zuletzt verabreichte der Arzt dem kranken Herzen täglich zehn Injektionen; aber eigentlich bettlägerig war Müller nie. Er mußte nur vormittags zwei Stunden ruhen. Ende Jänner 1948 hatte sich sein Herzleiden für ein paar Tage so ver¬ schlimmert, daß der Patient nur mehr in der Hauskapelle des Priesterheimes zelebrieren konnte. Schon wollte er mit der Feier des hl. Opfers wieder in die gewohnte Kapelle der Oblatinnen zurückkehren, als sich in der Nacht vom 30. auf den 31. Jänner mit wahnsinnigen Schmerzen ein alter Bruchschaden meldete. Er mußte am Morgen in das Krankenhaus der Elisabethinen eingeliefert werden. Beim Abschied von seiner Wohnung scheint er doch an das Ende gedacht zu haben, denn er suchte nach dem Requiem, das er für sich auf Anregung seines Amts¬ nachfolgers im Vorjahr komponiert hatte, weil seine ganze Kirchenmusik keine Totenmesse aufwies. Als er das Gewünschte nicht gleich fand, meinte er zu seiner Wirtschafterin, es werde ohnedies noch nicht so weit kommen. Der Erfolg der am 31. Jänner vorgenommenen Operation an seinem eingeklemmten Bruch war an sich gut; am Tage darauf empfing er mit großer Freude den Besuch Bischof Dr. J. Fließers im Spital, zeigte sich aber am zweiten Tag mit ver¬ fallenen Zügen und fahler Gesichtsfarbe auffallend unruhig. Am 3. Februar 1948 um 5.30 Uhr früh hat das Herz des noch in den letzten Wochen rüstig und aufrecht einherschreitenden Mannes endgültig versagt. Von den Totenfeierlichkeiten wurde den zahllosen Freunden des Meisters mit Landeshauptmann Dr. Gleißner an der Spitze nach der von Stifts¬ Dechant Dr. Bock vorgenommenen ersten Einsegnung in der Aufbahrungskapelle des Krankenhauses das vom Jugendfreund des Verblichenen, Dompropst Schöfecker zelebrierte Totenamt im Dom zum Erlebnis; denn dabei sang der Domchor unter Leitung Prof. J. Kronsteiners das von diesem im Testament auf¬ gefundene, schlicht zu Herzen gehende „Nequiem für mein Begräbnis, mehr Gebet als Kunst“. Der Bischof selbst betete nach dem Amt für seinen Kapellmeister das Libera. Der Leichnam wurde nach St. Florian überführt und nach nochmaligem feierlichem, von Propst Hager zelebriertem Toten-Offizium in dem für die Stiftsherren bestimmten Teil des Friedhofes, und zwar gleich gegen¬ über dem Portal der Kirche, zur letzten Ruhe bestattet. Von verschiedenen Seiten, vor allem vom Brucknerchor Linz und dem christlichen Landeslehrerverein für Oberösterreich, wurde seither der Wunsch geäußert, die in einem Metallsarg ver¬ schlossene sterbliche Hülle Prof. Müllers in der Gruft beizusetzen, und zwar in der Nähe des Sarkophages seines über alles verehrten Vorbildes A. Bruckner, 137

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